"Was, das gibt's hier nicht?" - Wie Nörgelei einen Abend versauen kann

Vor einiger Zeit habe ich mir über Menschen Gedanken gemacht, die eine (bestimmte) OP erfolgreich hinter sich gebracht haben, aber aus dem Jammertal gar nicht mehr herauskommen. Ständig wollen sie bedauert werden. Überraschung: Diesen Typ Mensch trifft man auch woanders.

Vor ein paar Tagen war ich mal wieder mit der
© Gabriele Planthaber/pixelio.de
Frauengruppe essen, die sich einmal im Monat trifft. Jede ist reihum dran, ein Lokal auszusuchen. Diesmal fiel die Wahl auf ein spanisches Restaurant, das nach Aussage meiner aus Spanien stammenden Frisörin das beste in Hannover ist. Wenn eine Expertin so etwas sagt, darf man gespannt sein.


Zu der Frauengruppe gehört auch eine Frau, die hier schon einmal "zu Ehren" gekommen ist. Sie wird seit Jahren nicht müde, ein anderes spanisches Lokal als das beste anzupreisen und beäugt alle anderen mit Skepsis. Als ich mit einer Freundin zu ihr an den Tisch trat, wirkte sie bereits ein kleines bisschen schlecht gelaunt. Wir setzten uns links und rechts neben sie an den runden Tisch und griffen uns die Speisekarte. 

Die Frau ruckelte mit ihrem Gesäß kurz auf der Sitzfläche ihres Stuhls hin und her. "Findet ihr nicht auch, dass die Stühle hier total unbequem sind?" Mit gerunzelter Stirn schaute sie mich an und wartete augenscheinlich auf meine Zustimmung. Ich bin als Rückengeschädigte gewissermaßen Fachfrau für schlechte Sitzmöbel, und es gibt tatsächlich ein Restaurant in Hannover, das ich wegen seiner miesen Bestuhlung meide. Aber nicht dieses.

Es war klar, was sie mit dieser Frage bezwecken wollte. Es bahnte sich hier ein Vergleich zwischen diesem und ihrem Lieblingsspanier an, und ich sollte dazu beitragen, ihrem Favoriten auf das Siegertreppchen zu verhelfen. "Da habe ich schon Schlimmeres erlebt", beschied ich knapp.

Der erste Versuch, den Laden madig zu machen, war gescheitert, sie nahm einen neuen Anlauf. Mit kritischer Miene klappte sie die Speisekarte auf. Die Augen tasteten die Aufzählung der Tapas ab. "Die haben hier ja gar keinen Manchego-Käse!", nölte sie. Innerlich rollte ich mit den Augen und sagte in einem möglichst gelassenen Tonfall: "Es muss ja nicht bei jedem Spanier dasselbe geben." 
Der Manchego blieb nicht der einzige Kritikpunkt. Schließlich hatte ich keine Lust, mir vom kleinlichen Gemaule meiner "Mitesserin" den Abend verderben zu lassen und fragte sie, ob sie heute ihren Negativtag habe. Danach war es mit der Kritik erstmal vorbei. Mit dem Erscheinen der übrigen Frauen stand sie nicht mehr im Mittelpunkt.

Ich begreife nicht, warum man sich mit Mitte 50 aufführt wie ein fünfjähriges Kind, das nicht seinen Willen bekommen hat. Was ist so schwer daran, sich auf etwas Neues, das so banal ist, dass es das eigene Leben nicht im Mindesten verändern wird, einzulassen? Ich finde so etwas kleingeistig und engstirnig. Bislang Unbekanntes auszuprobieren und kennenzulernen erweitert unseren Horizont. Ich finde, das hat noch keinem geschadet. Aber das scheint nicht jeder so zu sehen. Mal sehen, wohin es geht, wenn die Dame an der Reihe ist, für die Gruppe ein Lokal auszusuchen. Lasst mich raten...

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