Zeit für Sozialstudien ;-)

Gestern war es wieder soweit. Meine Geduld, mit der es ja sowieso nicht besonders weit her ist, wurde auf eine harte Probe gestellt. Sie musste sich am Ende geschlagen geben. Was war passiert?

Eigentlich geht man ja nicht nur darum essen, weil man
keine Lust zum Kochen hat, sondern es geht auch um das gesellige Miteinander. Die Themen richten sich ein bisschen danach, wie gut man sich kennt oder auch, was es gerade an Tagesgeschehen gegeben hat. Ich bin bei solchen Gelegenheiten grundsätzlich friedlich gestimmt, aber gestern ist mir die Hutschnur gerissen. Und darum ging's:

Thema 1 war die Internetumfrage der EU zur Zeitumstellung. Am Tisch vertrat eine Person die Meinung, die Umfrage sei völliger Quatsch, alles könne so bleiben, wie es ist. Die Begründung: Ihr mache die Umstellung zweimal im Jahr nichts aus, das sei doch alles kein Problem. Die von der Runde angesprochenen Gründe, die für die Abschaffung dieser Zeigerrotation sprechen - steigende Unfallzahlen nach einer Umstellung, Probleme der Bauern, Probleme bei der exakt pünktlichen Medikamentierung von Schwerkranken etc. - wurden nur achselzuckend zur Kenntnis genommen und zerschellten wie eine Schampusflasche bei einer Schiffstaufe. Ich war zu diesem Zeitpunkt noch gelassen genug, um zu sagen, man solle doch mal einen Blick auf das gesamte Spektrum werfen und nicht die eigenen Bedürfnisse als die allgemein gültigen ansehen.

Eine Weile plätscherte das Tischgespräch weiter, dann ging
es um Schulpolitik, angestoßen von derselben Person, die sich bereits in der Frage der Zeitumstellung als rundum kompetent erwiesen hatte. Kennt Ihr das Spiel Minesweeper? Dort muss man sich durch ein Minenfeld schlängeln und hat verloren, sobald man die Hinweise falsch versteht. Auf dem Monitor geht dann eine Bombe hoch. So in etwa müsst Ihr Euch den weiteren Gesprächsverlauf vorstellen. Zum Thema Schulpolitik kann ich das eine oder andere beitragen, weil ich mal in dem Bereich gearbeitet habe. Und wenn man Kinder hat, kommt man daran sowieso nicht vorbei. Nun ging es um den Vergleich verschiedener weiterführender Schularten. Nach Ansicht der Person ist das Gymnasium (das sie selbst besucht hat) einer anderen Schulform (die ich besucht habe) total überlegen; das wisse man doch! Die Lunte war kurz. Woher sie denn diese Erkenntnisse habe, die ich vor 30 Jahren schon mal gehört habe? Ich konnte nicht fassen, dass man die Pflege von Vorurteilen über Fakten stellt. War aber so. Ich bekam die Antwort, die Schulen in Bremen seien doch auch so schlecht... Wie bitte? Diese Argumentationskette ist schlimmer als die Äppel-und-Birnen-Vergleiche, eher wie die Gegenüberstellung von Tomate und Kutsche - eben völliger Unsinn. Kurz: Das Niveau dieser Diskussion wurde in den nächsten Minuten nicht besser und ich habe mich dazu hinreißen lassen, so etwas in der Art von "Du weißt gar nicht, worüber Du sprichst. Du hast da nie einen Fuß reingesetzt! Lass uns über etwas reden, wozu wir alle etwas beisteuern können. Das Wetter oder so!" zu sagen. Die Stimmung zwischen uns war ... ähem ... unterkühlt.

Wie haltet Ihr das? Schweigt Ihr in solchen Situationen um des "lieben Friedens" willen? Oder haltet Ihr dagegen, wenn Ihr meint, dass jemand haarsträubenden Unsinn redet?

Kommentare

  1. Ich muss gestehen, Gespräche mit solchen Leuten breche ich einfach ab. Ich empfinde es als Vergeudung von Energie und Lebenszeit, mich mit Menschen austauschen zu wollen, die ihrerseits offensichtlich einen Austausch gar nicht wünschen. Da drehe ich mich einfach um bzw. stehe auf und gehe.

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    1. Das Schlimme ist, dass dieser Person kaum jemand ernsthaft widerspricht. Die meisten, die ich kenne, fangen an zu lästern, sobald sie gegangen ist. Auf eine direkte Konfrontation hat niemand Lust. Das finde ich unmöglich.

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  2. Meine Erfahrung ist, dass es überhaupt nichts nützt, solchen Menschen zu widersprechen. Sie sind für mich keine Gesprächspartner. Daher wende ich mich einfach ab. Ich sehe es nicht als meine Aufgabe an, sie zu bekehren oder eines Besseren zu belehren. Ich ärgere mich nicht einmal über sie. Sie sind es mir schlicht nicht wert.

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    1. Ich hadere da mit mir. Sich abzuwenden, würden viele von ihnen als Sieg interpretieren und sich einbilden, dass ihr Gesprächspartner nur deshalb nichts mehr sagt, weil ihm die Argumente ausgegangen sind. Ich will den Idioten einfach nicht das Feld unwidersprochen überlassen.

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  3. Ina, was bringt dir der Widerspruch? Magenschmerzen? Graue Haare? Sollen die doch denken, was sie wollen - ich mache es wie Ulrike. Nicht besonders höflich, aber schont meine Nerven. Ich denke da nur an meine Gesundheit.

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    1. Die grauen Haare habe ich schon länger ;-) Nein, im Ernst: Der Widerspruch geschieht als impulsive Handlung. Das ist ungefähr so, als hättest du einen Topf mit Milch auf dem Herd, die leise vor sich hin simmert. Und dann- zack - kommt irgendein Bekloppter vorbei und dreht schlagartig die Hitze auf die höchste Stufe. Ich bin dann die Milch. Wie schon nach Ulrikes Kommentar geschrieben: Es darf nicht sein, dass unsere Welt von Schwachköpfen dominiert wird, weil die, die es besser wissen, aus Gründen der Nervenschonung die Klappe halten.
      Kleines Bonmot am Rande: Dieselbe Person, über die ich mich aufgeregt habe, sprach an diesem Abend das Thema Einbürgerungstest an. Sie hatte in der Zeitung einen Ausschnitt gelesen und konnte "das meiste" beantworten. Bravo, eine reife Leistung als hier geborene Deutsche mit Abitur und Uni-Abschluss! Ich sagte daraufhin, dass es sicher auch Fragen gäbe, die so mancher Deutsche nicht beantworten könne, z. B. wer denn den Bundespräsidenten wählt. Ihre Antwort: "der Bundestag, oder?" So viel dazu.

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  4. Deine Gefühle verstehe ich sehr gut, liebe Ina. Aber genau darin sehe ich auch eine Gefahr: Wenn ein anderer Mensch, ein ignoranter noch dazu, am Schalter dreht und ich daraufhin „überkoche“, bedeutet das, dass diese Person mich meine Souveränität verlieren lässt und mich manipuliert. Und genau das lasse ich nicht (mehr) zu. (Ist mir früher oft genug passiert …)

    Die Folge ist ja: Diese Person raubt mir meine Energie und meine Lebenszeit und bewirkt bei mir etwas Negatives. Sie selbst dagegen geht stolz und freudig nach Hause, weil sie es wieder einmal geschafft hat, in ein Gespräch integriert zu werden, Aufmerksamkeit zu erheischen und einen „andersdenkenden“ Menschen bis zur Weißglut zu reizen.

    Eine Diskussionsverweigerung muss nicht stillschweigendes Hinnehmen signalisieren. Ich schweige nicht einfach, ich verkünde in solchen Situationen kurz, knapp und lautstark meinen Unmut über die Ignoranz der Äußerungen der betreffenden Person und wende mich demonstrativ von ihr ab.

    Mit Glück agieren die anderen um uns herum genauso, und es kommen eine echte Diskussion und ein interessanter Austausch zustande. Am Ende geht diese eine Person enttäuscht nach Hause, weil sie nicht – wie wohl erhofft – die Bühne gefunden hat, auf der sie provozieren und ihre Ignoranz zelebrieren konnte.

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