Bin ich unmodern? Von diesem Hoteltrend werde ich sicher kein Fan

In den letzten Monaten war ich mehrmals in sogenannten Stadthotels. Alle waren entweder neu oder modernisiert und hatten zwischen drei und fünf Sternen. Die Auswahl hatte nicht in erster Linie den Hintergrund, dass ich nicht in ollen Häusern nächtigen will, sondern den, dass neuere Hotels eher Duschen als Badewannen einbauen und das Maß der Barrierefreiheit dort einfach besser ist. Nicht umsonst ist im Header dieses Blogs von drei Beinen die Rede.

Aber zurück zu dem, was ich eigentlich erzählen will.
Ob mit oder ohne Glasscheibe... egal.
In allen diesen Hotels scheinen Architekten gewirkt zu haben, die von Privat- oder gar Intimsphäre nie etwas gehört haben. Wer jetzt an das Bad denkt, liegt richtig. 


Ich fange jetzt mal mit dem 5-Sterne-Hotel in einer deutschen Millionenstadt an. Das Bad war dort barrierearm, aber aus irgendwelchen Gründen wurde es gegen das übrige Zimmer mit zwei Glas-Schiebetüren abgegrenzt. Die Türen waren satiniert, sodass ein Minimum an Privatheit gewahrt wurde. Geräusche wurden allerdings nicht gedämpft.

Es geht weiter mit einem Hotel in Thüringen, in einer für dieses Bundesland großen Stadt. Es befand sich in einem denkmalgeschützten Haus aus dem 17. Jahrhundert, das zu diesem Zweck komplett umgebaut und von Grund auf saniert worden war. Alles war bis ins letzte Detail sehr geschmackvoll gestaltet. Aber auch hier hatten sich Glastüren vor dem WC und der Dusche durchgesetzt. Ja, auch sie waren satiniert, und auf den unteren Türhälften war das Wahrzeichen der Stadt sehr dekorativ eingeätzt worden, aber der Schallschutz lag bei null und der Sichtschutz nicht weit davon entfernt. Da die Duschkabine nicht groß genug war, um eine Handtuchstange unterzubringen, musste man sie tropfend verlassen und sich davor - also im Zimmer,  etwa eineinhalb Meter vom Bett entfernt - abtrocknen und anziehen. Ich finde, man muss sich schon ein bisschen kennen, damit man das entspannt sehen kann. Angesichts des fehlenden Schallschutzes bei der Toilette kriege ich allerdings eher Verspannungen.

Letzten Monat habe ich mit meiner Freundin die bayerische Landeshauptstadt besucht. Auch in diesem Hotel hatte diese spezielle Art von Freizügigkeit bei der Planung den Sieg davongetragen: Diejenige Wand der Duschkabine, die zum Zimmer ausgerichtet gewesen ist, war - man ahnt es bereits - aus Glas. In diesem Fall war es so etwas Ähnliches wie Milchglas; man konnte den Duschenden also nicht nur als Silhouette, sondern schon sehr viel deutlicher wahrnehmen. 

Ich hatte schon vor, den Artikel an dieser Stelle zu beenden, als mein Blick auf einen Tweet fiel, den ein Twitter-Nutzer aus der Schweiz hochgeladen hatte. Dort sieht man auf einem Foto ein Hotelzimmer, das so gestaltet wurde, dass der seitliche Blick vom Bett aus direkt auf das Bad fällt: Durch eine völlig klare raumhohe Verglasung kann man seinem Mitbewohner bei dessen Geschäft direkt in die Augen sehen, wenn seine Körperhaltung das gerade zulässt. Bitte, was haben sich die Architekten dabei gedacht? Ich behaupte, dass diese offensichtliche Fehlkonstruktion nur ein Versuchsballon war, um mal zu testen, was bei den Auftraggebern so durchgeht. Und als dann keine Gegenwehr kam, konnten die Planer nicht mehr anders, als den Blödsinn durchzuziehen. Jetzt sehe ich sie vor mir, wie sie immer, wenn sie an die ganzen Glasbäder denken, die ihretwegen in Hotels sind, sich zu Hause kaputtlachen und sich für ihr persönliches Geschäft ganz entspannt in ihr heimisches Badezimmer zurückziehen, das rundherum aus gemauerten Wänden besteht und eine Tür hat, bei der man vergeblich eine Glasscheibe sucht. Zum Abschließen, versteht sich.

Das Badezimmer als der letzte Ort, an dem man seine Ruhe hat, wohin einem niemand folgt und wo man in der Nase bohren kann, ohne missbilligende Blicke zu ernten und auf der Sozialskala ins Bodenlose zu stürzen: vorbei.

Kommentare

  1. Die totale Überwachung beginnt also bei den Hotels :D

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    1. Genau. Ganz ohne Wanzen, Kameras oder ähnlichem technischen Gedöns. ;-)

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