München - der Abschluss


Dieser Text wird der letzte von dreien sein, in dem ich über die Tage in München berichte. Ich hatte ihn wegen der Ereignisse in meiner Nachbarschaft zunächst zurückgestellt. Wir haben fast alles besucht, was wir uns vorgenommen hatten. Leider haben wir es nicht mehr geschafft, uns später die Residenz anzusehen. Wie ich im letzten München-Artikel berichtet hatte, kam uns der Staatsbesuch von Prinz Charles und Camilla dazwischen. 

Dank des wirklich praktischen Hop on-Hop off-Busses
konnten wir auch ohne Auto das meiste bequem anfahren. Wer gern mit dem Fahrrad unterwegs ist, kann sich übrigens eines der vielen Fahrräder ausleihen, die der MVG über eine App zur Verfügung stellt. Das Angebot gibt es auch für elektrisch unterstützte Dreiräder (E-Trikes), die wenigen standen aber zu weit von uns entfernt, sodass wir diese Möglichkeit nicht nutzen konnten. 
Wirklich schön war es, vom Olympiaturm aus auf das Olympiagelände und die ganze Stadt herunterzuschauen. Das Olympiastadion war lange Zeit die Spielstätte der beiden bekannteren Münchner Fußballvereine;  das Olympiadorf geriet 1972 in die Schlagzeilen, als dort von der palästinensichen Terrororganisation 'Schwarzer September' auf israelische Sportler ein Attentat verübt wurde. Über die vielen Jahre, die seitdem vergangen sind, war diese Erinnerung bei mir etwas in den Hintergrund gerückt. Doch beim Anblick des Geländes war sie wieder da. 

Ein Muss war auch der Besuch des Nymphenburger
Schlossparks. Wir kannten ihn schon vom letzten Mal, aber er stand auf jeden Fall auf unserer Liste. Dieses Mal haben wir uns aber auch die Amalienburg angesehen, die sich ebenfalls im Park befindet. Das Rokoko-Schlösschen wurde im 18. Jahrhundert von Kurfürst Karl Albrecht für seine Gattin Maria Amalia errichtet. Heutzutage fallen Liebesbeweise deutlich kleiner aus.
Ausgerechnet dort gab es wieder ein Erlebnis, das
zeigte, dass Ausländern nicht immer vorbehaltlos entgegengetreten wird, auch nicht von Mitarbeitern der Schlossverwaltung. Beim Betreten der Amalienburg wurden wir sehr nett von einem etwas älteren Herrn angesprochen, der dort die Eintrittskarten verkaufte. Er überlegte mit uns zusammen, welches wohl der für uns richtige Tarif sein müsste, wünschte uns mit einem strahlenden Lächeln viel Spaß bei der Besichtigung und verabschiedete sich sogar winkend von uns, als wir das Gebäude eine Weile später verließen. Direkt nach dem Bezahlen unserer Tickets betrat ein vermutlich aus Japan kommendes Paar die Amalienburg und wollte ebenfalls Eintrittskarten kaufen. Die Gesichtszüge des Herrn an der Kasse wechselten von freundlich in gleichgültig, die auf Englisch gestellten Fragen beantwortete er knapp und in einer Art, über die man nur sagen kann: Der Ton macht die Musik. Das Paar hatte keinen Anlass für die Verschlechterung der Stimmung gegeben. Warum also diese Ablehnung ihnen gegenüber?

Wer die Stadtrundfahrt-Busse nutzt, kann in diese mit einem Ein- oder Zweitagesticket beliebig oft ein- und aussteigen. Davon haben wir gut profitiert. Steigt man später wieder ein, trifft man in der Regel auf eine andere Fremdenführerin. Alle, auf die wir getroffen sind, waren uns gegenüber sehr nett und hilfsbereit. Einmal hat eine von ihnen sogar den Busfahrer gebeten, an der Haltestelle vor dem Nymphenburger Schloss auf uns zu warten, damit auch ich noch einsteigen konnte. Anderenfalls hätten wir eine halbe Stunde auf den nächsten Bus warten müssen. Toll! Aber auch hier hatten wir mit einer der Damen eines dieser seltsamen Erlebnisse: Ein Afrikaner stieg mit einem gültigen Ticket in den Bus. Irgendetwas war ihm unklar und er sprach die Fremdenführerin auf Englisch an. Ihr Blick, mit dem sie den Mann ansah, war so, als hätte sie ein lästiges Insekt vor sich. Als sie seine Frage nicht verstand, fragte sie nicht etwa "Could you repeat it?" oder "I didn't understand you" oder was sich da sonst noch anbietet, um Klarheit zu bekommen. Nein, sie bellte ihm förmlich ein "What?" entgegen. Der Mann schien so eine Situation nicht zum ersten Mal zu erleben. Er blieb ruhig und wiederholte seine Frage in einem unaufgeregten Tonfall. Was ist da nur in dieser Frau vorgegangen?

Die meisten Fremdenführerinnen wussten sehr gut
über "ihre" Stadt bescheid und hatten die eine oder andere Anekdote parat. Bei einer Teilstrecke war der Bus fast leer. Außer uns waren nur noch drei Seniorinnen im unteren Bereich. Sie saßen in verschiedenen Sitzreihen und hatten offensichtlich nichts miteinander zu tun. An der Ecke Maximiliansplatz / Brienner Straße befindet sich der Platz der Opfer des Nationalsozialismus. Dort steht zum Gedenken an die Opfer der NS-Gewaltherrschaft eine sechs Meter hohe Basalt-Stele, auf der sich eine Art kubisches Stahlgitter befindet. Im Inneren dieses Stahlkäfigs brennt die durch Gas gespeiste Ewige Flamme. Was es mit dieser Gasflamme auf sich hat, wurde von der Fremdenführerin erläutert, als sich der Bus dem Denkmal näherte. Und dann sah ich, dass die drei Frauen gleichzeitig ihre Gesichter so früh abwendeten, dass sie die Stele mit ihrer Flamme nicht sehen mussten. Diese Beobachtung hat bei mir Befremden ausgelöst, an einen Zufall mochte ich nicht glauben.

Was wir bei unserer ersten Reise nach München nicht
geschafft hatten, wollten wir nun nachholen: den Besuch im Deutschen Museum. Ein riesiges Haus randvoll mit Technik. Während der Stadtrundfahrt wurde gesagt, wie lange man bräuchte, wenn man sich alle Exponate ansehen wollte. Ich habe die Dauer vergessen, aber es war eine lange Zeit. Unsere Erwartungen waren entsprechend hoch. Was wir da noch nicht wussten: Im Museum herrscht ein Sanierungsstau, der sich gewaschen hat. Seit Jahren wird am Gebäude gearbeitet, ein Planungsbüro ist sogar zwischenzeitlich in die Insolvenz gerutscht. Das Land Bayern hat 150 Millionen Euro zusätzlich zu den schon veranschlagten 450 Millionen Euro bewilligt. Es ist allen Beteiligten klar, dass auch die insgesamt 600 Millionen Euro nur für das Nötigste reichen werden. Vor diesem Hintergrund erklärt sich einiges. Ich mache es kurz: Das Deutsche Museum hat nicht nur als Immobilie ein Problem, sondern auch hinsichtlich seiner Exponate. Das Geld scheint nicht nur für die Sanierung, sondern auch für alles andere zu fehlen. An vielen Vitrinen, an denen Schilder die Besucher auffordern, einen Versuch mit einem Knopfdruck zu starten, passiert: nichts. Im Bereich 'Energie' endet eine Übersicht über die Entwicklungsgeschichte der Kernenergie mit dem Jahr 1995. In der nachgebauten Altamira-Höhle funktionieren die Schalter nicht, mit deren Hilfe einzelne Höhlenzeichnungen hervorgehoben werden sollen. Und die viel beworbene Museumsapp bleibt hinter meinen Erwartungen zurück: Man wird nicht durch die einzelnen Etagen geführt, sondern muss sich auf kryptischen Plänen zurechtfinden, die kaum Ähnlichkeit mit der tatsächlichen Aufteilung der jeweiligen Stockwerke haben. Ich habe eine geschlagene halbe Stunde gebraucht, um das VR-Lab zu finden. Das Haus ist jedoch toll, wenn man sich für wirklich alte Exponate begeistern kann. Besuchern werden zum Beispiel historische Schiffsoriginale, alte elektrische Aufbauten oder eine Sammlung verschiedenster Sonnenuhren auf der Dachterrasse geboten. Das nachgebaute, 400 Meter lange Bergwerk, ist für mobilitätseingeschränkte Menschen wie mich leider nicht passierbar. Alles in allem war der Besuch eine ziemlich ambivalente Erfahrung.


Ein letzter Blick auf die Bayerische Staatskanzlei, wo man vermutlich die Wahl des Geschenks für Baby Archie ausgeheckt hat. Im Vordegrund sieht man einen Teil des Kriegerdenkmals, mit dem an die im 1. Weltkrieg gefallenen Münchner gedacht wird. 

Den Abschluss bildet das automatische Klavier, das ich im Deutschen Museum gesehen habe. Sogar die Pedale bewegen sich wie von Geisterhand:




Wann ich das nächste Mal in die bayerische Hauptstadt komme, ist noch völlig offen. Aber wenn es soweit ist, wird es sicher wieder etwas zum Erzählen geben. 

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