So ging's in München weiter


An den typischen Sehenswürdigkeiten Münchens
kamen auch wir nicht vorbei. Die Frauenkirche, das Neue Rathaus, der Odeonsplatz mit der Theatinerkirche und der Feldherrnhalle sowie der Residenz mit dem benachbarten Hofgarten sind für den Stadtbesuch fest eingeplant. Eigentlich.

Auch wir hatten vor, die Residenz zu besuchen. Die Schatzkammer und das Antiquarium kannten wir nur von Fotos. Doch kaum hatten wir die U-Bahn verlassen und wieder Tageslicht erblickt, wunderten wir uns über das enorme Polizeiaufgebot: Eine lange Kette von Mannschaftswagen der Landes- und der Bundespolizei rollte auf das Gelände an der Rückseite der Residenz. Was war da los? 
Nur ein paar Schritte weiter ahnten wir es. In München gibt es noch etwas, was in Hannover schon lange nicht mehr zum Straßenbild gehört: Kästen, aus denen man sich die aktuelle Tageszeitung nimmt und den Kaufpreis in ein Metallkästchen einwirft. Auf Seite 1 einer Lokalzeitung sahen wir ein großes Foto, auf dem bekannte Personen abgebildet waren: Prinz Charles und seine Frau Camilla würden an diesem Tag München besuchen. Ihr erster Halt sollte die Residenz sein, wo sie vom Ministerpräsidenten und dessen Frau begrüßt werden sollten. Ein Blick auf die Internetseite der Residenz machte das Unbehagen zur Gewissheit: "Wegen eines Staatsbesuchs ist die Residenz heute ganztägig für Besucher geschlossen!", stand dort. Am Abend zuvor war diese Meldung dort noch nicht zu sehen gewesen. 

Vom Hofgarten ist es nicht weit zum Haupteingang der Residenz. Wir hatten unseren Plan notgedrungen geändert und waren nun auf dem Weg zum Neuen Rathaus. Als wir an der Voderseite der Residenz vorbeikamen, war schon eine größere Menschenmenge zu sehen, die auf die Royal Highnesses wartete. Einige hielten kleine Großbritannien-Fähnchen hoch. Warum verwandeln sich (mutmaßliche) Demokraten in Erwartung ausländischer Prinzen in Monarchisten? Neid auf den Brexit wird es ja wohl nicht sein. Lange bevor Charles und Camilla vorfuhren, trafen Trachtengruppen und eine Blaskapelle vor dem ehrwürdigen Gebäude ein. Offenbar hat es auch der britische Adel nicht so mit der Pünktlichkeit, sodass etwa alle zehn Minuten zur Überbrückung der Wartezeit Blasmusik zu hören war. Aber dann hatten sie es doch geschafft und konnten sich als frischgebackene Großeltern von Baby Archie über das Gastgeschenk freuen: Ministerpräsident Söder überreichte ihnen eine Mini-Trachtenhose und einen Baby-Strampler im Trachten-Look; beides in Größe 62, wie der örtlichen Presse zu entnehmen war. Da waren wir aber schon längst auf dem Turm des Neuen Rathauses, von dem aus man eine großartige Aussicht auf München hat.

Söder hat diesen Tag auch dazu genutzt, das "originelle" Geschenk auf Twitter zu präsentieren. Dort tut er auch kund, dass dem Thronfolger, wie er Baby Archie fälschlicherweise nennt, mit dieser Kleidung das bayerische Lebensgefühl von Beginn an begleiten soll. Es gibt Dinge, die mir für immer fremd bleiben werden. Dazu gehört auch dieser ausgeprägte bayerische Lokalpatriotismus, der auf alles links und rechts neben sich mit einer gewissen Arroganz herabsieht. Aber das ist ein anderes Thema.
 

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