Was glänzt denn da so schön vor der Stirn?

©Kurt Bouda/pixelio.de
Es ist das Goldene Brett vorm Kopf! Seit 2011 wird dieser Satirepreis für den
skurrilsten, haarsträubendsten, dreistesten pseudowissenschaftlichen Nonsense-Beitrag des Jahres im deutschen Sprachraum jährlich vergeben und er ist bei den "Geehrten" etwa so beliebt wie die Goldene Himbeere für die schlechtesten Schauspieler eines Jahres.

Der Kreis der bisherigen Preisträger reicht von Xavier Naidoo über Jochen Kopp (Inhaber des rechtslastigen Kopp-Verlags) bis zu den Homöopathen ohne Grenzen. Wie beim Oscar in der Filmbranche wird zeitgleich das Goldene Brett für das Lebenswerk verliehen.

In diesem Jahr war die Konkurrenz nichts für Zartbesaitete, denn es traten Profi-Schwurbler, Youtuber, die österreichische Wirtschaftskammer, ein österreichischer privater TV-Sender und viele weitere Personen ungewollt gegeneinander an. Sogar der Name Friedrich Merz wurde wegen seines Verdachts, dass gegen seine Kandidatur für den CDU-Parteivorsitz eine Verschwörung im Gange ist, in den Ring geworfen. Also lieber Friedrich, ich war's nicht...

Man sieht, es gab ein Kopf-an-Kopf-Rennen und ein heilloses Gerangel kurz vor der Ziellinie. Man munkelt, dass sogar versucht wurde, mit Schmiergeldern... ach, lassen wir das. Die Juroren haben es sich bestimmt nicht leicht gemacht, als sie sich für die drei Finalisten entschieden haben, die alle anderen durch ihre kruden Aktivitäten zur Seite geboxt haben: In die Endausscheidung haben es Vegan-Koch und King-of-Telegram Attila Hildmann, der "Querdenker" Michael Ballweg und der "Alles-halb-so-wild-mit-Corona"-Propagandist Sucharit Bhakdi geschafft. An der Stelle bin ich froh, nicht in der Jury gewesen zu sein: Sie haben alle das Zeug zur Nummer 1, die Wahl dürfte schwergefallen sein.

Mit dem Ergebnis des Gremiums, das, wie zuverlässige Quellen berichten, sich in nächtelangen Sitzungen die Köpfe heißgeredet hat, kann ich gut leben. Aus dem (möglicherweise) mehrstufigen Auswahlverfahren ist schlussendlich Prof. em. Sucharit Bhakdi als strahlender Sieger hervorgegangen. Das ist der Herr, dessen Konterfei mich diese Woche bereits von einem Flyer angelächelt hat. Mein Herz hat dieses Lächeln leider nicht erwärmt.

Das Goldene Brett für sein Lebenswerk erhielt der ehemalige Radiomoderator Ken Jebsen, der über den Youtube-Kanal KenFM und die gleichnamige Website haarsträubende Informationen verbreitet. Er hat sich den Preis mit seiner jahrelangen Verschwörungspropaganda hart erarbeitet: Hinter den Terroranschlägen in den USA am 11. September 2001 stecke die amerikanische Regierung, die die Bevölkerung an einen Kriegszustand gewöhnen wolle, der Women's March in Washington sei von George Soros gesteuert worden, weil dieser die abgetriebenen Embryonen an die Pharmaindustrie verkaufen wolle und nicht zuletzt seien Bill und Melinda Gates die wahren Größen in der WHO, die nicht nur den Corona-Impfstoff auswählen, sondern auch Prof. Drosten und das RKI bezahlen. Strippenzieher wohin man blickt.

Ken Jebsen hätte besser Romanautor werden sollen. Schriftsteller, die besonders abseitige Verschwörungen aufs Papier bringen, können ihre Leser begeistern, denn denen ist klar, dass dies alles der Fantasie des Schreibenden entsprungen ist. Manche Menschen scheinen in diesen Tagen aber nicht zu merken, wo die Fantasie aufhört und die Wirklichkeit beginnt. Das Goldene Brett ist eine humorvolle Möglichkeit, den Unsinn zu benennen und ihm ein Gesicht zu geben.

Die Verleihung unter Corona-Bedingungen kann man sich hier ansehen:



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