Wie sieht's aus mit dem Ehrenamt?

Ich hatte schon vor einiger Zeit darüber geschrieben, dass ich mich nach einem Ehrenamt umsehe. Ich will da nichts beschönigen: Ich bin noch keinen Schritt weitergekommen.

Es ist nicht so, dass ich das Thema bereits beerdigt hätte. Immer wieder kreist es in meinem Kopf, aber am Ende der Gedankengänge stehen leider immer noch Fragezeichen.

Natürlich ist es naheliegend, sich um etwas zu kümmern, was einem wichtig ist und worüber man bereits Kenntnisse oder Fähigkeiten hat, die man beisteuern kann. Nichts läge bei mir näher als mich im Bereich der Behindertenarbeit einzubringen. Auch zur Frauenpolitik könnte ich einiges beisteuern. In verschiedenen Vereinen kümmert man sich um diese Themen, und das oft schon seit Jahrzehnten.

Ich habe mir einige Websites dieser Vereine mal näher angesehen. Dort wird anhand eigener Berichte und kopierter Artikel aus der örtlichen Tagespresse erläutert, was die Vereinsarbeit ausmacht. Zu einem sehr großen Teil geht es da um die typischen Vereinsthemen, wie es sie auch bei Sport- oder Kleingartenvereinen gibt: Sommerfest und Weihnachtsfeier, Ehrungen der Vereinsjubilare, Wahl der Amtsinhaber (Ortsvorsitzende, Schriftführer, Kassenwart usw.). Schon beim Lesen der Überschriften bin ich angeödet. Wenn ich mich einbringe, dann will ich das nicht tun, indem ich Kaffee koche oder meine Zeit damit verbrenne, indem ich dabei zusehe, wie Vereinsmitgleidern Ehrennadeln ans Revers geheftet werden.

Mein Eindruck ist auch, dass sich diese Art der Selbstdarstellung rächt. Ich habe mir exemplarisch den SoVD näher angesehen. Den Verein gibt es seit mehr als 100 Jahren, das Durchschnittsalter der Mitglieder liegt je nach Landesverband zwischen etwas über 60 und 70 Jahren. Dass es nicht noch höher ist, liegt nach Darstellung des Landesverbands Schleswig-Holstein wohl auch an den Familienmitgliedschaften, mit denen auch jüngere Menschen mit ins Boot geholt werden. Ob als Karteileichen oder aktive Mitglieder, wird nicht näher ausgeführt. Geht es bei einem so hohen Durchschnittsalter in den Ortsverbänden überhaupt noch um gesamtgesellschaftliche Themen oder nicht doch eher um Fragen zur Renten- und Pflegeversicherung? Das erfährt man wohl erst dann, wenn man bereits Mitglied geworden ist. 

Und dann sind da noch die Vereinsziele. Muss ich mit ihnen 100 %-ig übereinstimmen, um mich in die Vereinsarbeit einzubringen? Eine Frage, die sich auch die Mitglieder in politischen Parteien immer wieder beantworten müssen. Ich habe allerdings für mich noch nicht entschieden, wie kompromissbereit ich an dieser Stelle bin.

Mir ist bewusst, dass Nichtstun niemanden weiterbringt. Auch mit ständigem Nachdenken über ein Thema kann man es praktisch zu Tode denken, bis die Motivation zum Handeln am Nullpunkt angekommen ist. Ich werde da noch mal in mich gehen und dann entscheiden. Und ich werde mir vornehmen, das zeitnah zu tun.

Kommentare

  1. Beim Thema Ehrenamt bin ich zwiegespalten. Einerseits ist es für eine funktionierende Gesellschaft unerlässlich (siehe Rettungsdienste, Technische Hilfswerke, Freiwillige Feuerwehr, Sozialarbeiter, Beratungsstellen etc), aber andererseits werden viele Leute dabei ausgenutzt.
    Ich spreche da aus eigener Erfahrung. Alle in unserer Familie üben irgend ein Ehrenamt aus. Sei es Feuerwehr, Schulelternsprecher, politische Vereinigung oder DLRG. Meine schon lange verstorbenen Eltern waren mit großer Freude in einem Wanderverein und einer Trachtengruppe ehrenamtlich tätig. Dieses Amt hat ihre gesamte Freizeit in Anspruch genommen, aber sie wollten es so gerne haben. Anstecknadeln, Urkunden und Broschen waren für sie sehr wichtig. Sie nahmen auch in Kauf, von anderen Leuten deswegen belächelt zu werden. Es war halt ihr Leben.
    Ich an Deiner Stelle würde mir nicht so viele Gedanken machen, ob oder ob nicht. Probiere es einfach mal aus und wenn Du Dich damit nicht wohlfühlst, kannst Du Dich wieder zurück ziehen.
    Aufmunternde Grüße von Ingrid, der Pfälzerin

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    1. Liebe Ingrid, wahrscheinlich werde ich es genauso machen: erstmal gucken, wie es läuft, und dann weitersehen. Ich war vor etlichen Jahren in der Grundschule und der weiterführenden Schule meiner Kinder ehrenamtlich tätig. Das ist irgendwann so ausgeufert, dass ich an vier Abenden pro Woche deswegen nicht zu Hause war. Rückblickend muss ich über diese Zeit sagen, dass ich zwar viel gelernt habe - auch über Menschen -, dass aber der erzielte Erfolg in einem ungünstigen Verhältnis zur eingesetzten Zeit stand.
      Liebe Grüße und danke für Deine aufmunternden Worte! :-)

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