Wenn Frauen feiern...

Der Titel meines heutigen Beitrags kommt denkbar
unspektakulär daher. Was ist so spannend daran, dass Frauen feiern? Ist das interessanter, als wenn Männer um die Häuser ziehen?

Wenn man das Thema spezieller angeht, lassen sich gleich mehr Klicks generieren. So schreibt die Süddeutsche Zeitung in ihrer Online-Ausgabe vom 27. September 2019 anlässlich des Münchner Oktoberfestes: "Mama feiert die härteste Wiesn-Party". 
Mit "Mama" sind ganz allgemein jüngere Mütter gemeint, nicht die alten mit den erwachsenen Kindern. Da steht dann wörtlich: "Es sind junge Mütter mit Ausgang." 

Ich dachte bislang, Soldaten hätten Ausgang oder (bezahlte) Hausangestellte, wie es sie in der Serie "Das Haus am Eaton Place" gab. Nun also auch Mütter. Nein, Entschuldigung: Mamas. 
Die Autorin ist Mitte 30. Vielleicht war sie ja selbst mit einer Gruppe gleichaltriger Mütter unterwegs und hat mit ihnen mal richtig die Sau rausgelassen? Man weiß es nicht, sie schreibt den Text aus der Perspektive einer Beobachterin.

Und ist Ausgang nicht etwas, was einem gewährt wird, nachdem man darum gebeten hat? Oder anders ausgedrückt: Der Begriff "Ausgang" spiegelt eine Hierarchie wider, in der eine höhergestellte Person einer rangniederen einen Wunsch erfüllt oder ihn zurückweist.

"Mama" ist ebenso wie "Mutti" eine Anrede des Kindes an seine Mutter. Ich habe hier vor einem Jahr schon einmal über die "Mamis" und die "Mami-Blogs" geschrieben. Mir will nach wie vor nicht in den Kopf, warum sich Frauen, die nicht nur Mutter, sondern zum Beispiel auch als Berufstätige, Ehefrau, Tochter, ehrenamtlich Tätige, sportlich Aktive und vielseitig interessierte Menschen sind, sich auf diesen einen Teil ihres Lebens reduzieren lassen.

Im Artikel der SZ war es zudem eine Frau, die ihre Geschlechtsgenossinnen quasi geschrumpft hat. Sie ist fast 20 Jahre jünger als ich, aber ich würde sagen: Wir waren schon mal weiter. Da macht es dann fast nichts mehr, wie sie die von ihr beobachteten Mütter beschreibt: als beinahe eilig Bier trinkende Frauen, die untereinander den Sitz ihres Dirndls vergleichen.

Zehn Artikel hat die Journalistin bislang über das diesjährige Münchner Oktoberfest geschrieben. Wird sie sich auch die Papas näher ansehen?

Ich kann mir gut vorstellen, dass einige, die meine Kritik lesen, sie kleinlich und als Haarspalterei empfinden. Aber die Sprache beeinflusst unsere Wahrnehmung, ohne dass wir etwas dagegen tun können. Ein wichtiger Grund, sorgsam mit ihr umzugehen. Erst recht, wenn sie in viel beachteten Medien eingesetzt wird.

Kommentare

  1. Traurig nicht nur, dass ein solcher Artikel in einer bekannten und von mir bis jetzt als im Großen und Ganzen als qualitativ hochwertig empfundenen Zeitung erscheint, sondern auch und vor allem, dass sich Frauen über andere Frauen öffentlich so herablassend äußern und die Errungenschaften der Frauenbewegung mit Füßen treten. Ich habe mir den Artikel grade durchgelesen und habe noch einige andere Gruselmomente erlebt. Alle jungen Mütter werden schön pauschalisiert abgehandelt. Sie schreibt ja tatsächlich, die jungen Mütter hätten verhandeln müssen, um Ausgang zu bekommen...

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    1. Liebe/r Anonym, ich habe das auch so empfunden. Ich mag auch nicht daran glauben, dass der Artikel eine Art von Satire sein soll.

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