Neue Variante des Gerangels um Parkplätze

Seit Kurzem gibt es in meinem Wohnort etwas Neues
in Sachen Elektromobilität. Der örtliche Energieversorger hat direkt am Rathaus eine Ladesäule für E-Autos installiert. Dafür wurden mit amtlichen Verkehrsschildern zwei der ingesamt sieben Parkplätze in dieser Reihe ausschließlich für Fahrzeuge reserviert, auf deren Kennzeichen rechts von der Zahlenkombination ein "E" steht. Ganz rechts außen, direkt neben diesen beiden Stellplätzen, befindet sich seit Langem ein Behindertenparkplatz. Um auf den Parkplätzen für E-Autos stehen zu dürfen, müssen diese nicht betankt werden. Es genügt das E auf dem Nummernschild.

Eine gute Freundin schickte mir heute früh eine Nachricht aufs Smartphone. Aus der Tagespresse hatte sie von einem Absatz eines Artikels, in dem es um diese neuen Parkplätze geht, einen Screenshot gemacht und ihn mir mit der Bemerkung "Dieser Artikel begeistert dich bestimmt" geschickt. Worum geht's? Der Text berichtet von der Elektro-Ladestation am Rathaus, und die Zeitung zitiert darin einen praktischen Tipp des beim Stromversorger beschäftigten Ingenieurs, der dafür verantwortlich ist. Herr Koch-Schrand erläutert: "Jeder Elektroautofahrer hat ein eigenes Ladekabel mit dabei, entweder vier oder sogar zehn Meter lang. Somit kann notfalls auch vom benachbarten Behindertenparkplatz aus ein Elektroauto aufgetankt werden, wenn die beiden dafür eigentlich vorgesehenen Parkplätze belegt sind, ohne dass von dort Strom entnommen wird."

Übersetzt heißt das: Elektromobilität ist wichtiger als die Rechte der Behinderten, die auf die Behindertenparkplätze angewiesen sind. Denn umgekehrt darf mit der blauen Behindertenparkscheibe nicht auf den Strom-Parkplätzen geparkt werden. Ich habe gelesen, dass einmal Volltanken an einer öffentlichen Ladestation zwischen zwei und vier Stunden dauert.
Wer selbst so weit durch seine Behinderung eingeschränkt ist, dass er solch eine Sonderparkerlaubnis beanspruchen kann oder mit Behinderten Kontakt hat, die in diese Gruppe fallen, weiß, dass das ein heißes Thema ist. Meiner persönlichen Erfahrung nach sind Behindertenparkplätze in 70 % der Fälle, in denen ich sie ansteuere, von Fahrzeugen belegt, deren Fahrer oder Beifahrer darauf keinen Anspruch haben. Mein persönlicher Erfahrungsbereich beginnt mit Geld- oder Paketwagen, die "nur kurz" dort stehen und die mir auf meinen Hinweis genervt sagen, man müsse ihnen doch nur bescheid geben, dann führen sie doch weg; dass der Behinderte dann an unserem Rathaus im Straßenverkehr stehen und ggf. seinen Rolli aus dem Auto hieven muss, um sich überhaupt an die Fahrer wenden zu können, haben die nicht auf dem Schirm. Danach muss der Rollstuhl natürlich wieder ins Auto, der Behinderte muss zur Seite fahren, um den Falschparker ausparken zu lassen, und kann erst dann endgültig aussteigen. Einschließlich des Ausladens des Rollstuhls. Weitere Erfahrungen habe ich mit Machos auf Parkplätzen gemacht, denen eine geordnete Kommunikation fremd ist und die Unstimmigkeiten mittels Einschüchterungsversuchen bis hin zur Bedrohung "regeln". Aber auch "Biedermänner" in Innenstädten waren dabei, die nicht einsehen wollten, dass der einfache Behindertenausweis nicht genügt, um die speziellen Parkplätze nutzen zu dürfen. Nicht ein einziges Mal habe ich Einsicht erlebt, weder echte noch geheuchelte. Einige Male hatte ich Angst, tätlich angegriffen zu werden.

Und dann lese ich die Äußerung dieses Ingenieurs, dessen Arbeitgeber sich als Aktiengesellschaft zu drei Vierteln in öffentlicher Hand befindet, also staatlichen Institutionen gehört. Dem Staat, der seine Bürger schützen soll. Die Konflikte sind hier vorprogrammiert. Herr Koch-Schrand hat der unrechtmäßigen Nutzung eines Parkplatzes, der Menschen mit deutlichen Einschränkungen - und nur ihnen! - vorbehalten ist, einen Freibrief erteilt. Das wird es mir und anderen Betroffenen in Zukunft noch schwerer machen, ein Recht durchzusetzen, das nicht als Bevorzugung allen anderen Autofahrern gegenüber anzusehen ist, sondern als Nachteilsausgleich. Wenn es zu (an sich überflüssigen) Diskussionen mit Fahrern von E-Autos kommen sollte, werde ich euch hier darüber berichten.

Interessant an Herrn Koch-Schrands "heißem Tipp" ist auch, dass er nicht empfohlen hat, auf eine der normalen Stellflächen links von den Strom-Parkplätzen auszuweichen. Warum nicht?

 
 

Kommentare

  1. Das kann noch was werden mit diesen Elektroautos. Die ganze Infrastruktur steckt noch in den Babyschuhchen und die Halbwertzeit der Batterien ist ziemlich begrenzt. 2 Stunden zum Laden, da muss man aber sehr viel Zeit mitbringen. Was natürlich in solchen Fällen erst recht ein Desaster ist. Das diese Autos eine Herausforderung für das öffentliche Stromnetz werden zeichnet sich jetzt schon ab.

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    1. Das stimmt. Das läuft so "planvoll" ab wie die ganze Energiewende.

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  2. Liebe Ina,
    mit deiner Hilfe bin ich auf blogs50plus gelandet.
    Ich hoffe doch, dass wir uns dort sehr oft begegnen !!!

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  3. Mit meiner Hilfe? Wie darf ich das verstehen?

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  4. Ich habe dort rumgegoogelt und dann diesen Blog gefunden.
    Nicht schlecht
    Blogs50plus.com

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  5. Hallo erst einmal.
    Ich habe den Bericht zu den Parkplätzen für Elektroautos interssiert gelesen. Also so wie das da abläuft geht es natürlich gar nicht. Da hast du völlig Recht. In meiner bisherigen Erfahrung als Elektroauto Fahrer habe ich nur Parkplätze gesehen mit dem Zusatz, für Elektroautos während des Ladevorgangs. So wäre es richtig. Ein Ausweichen auf einen Behinderten Parkplatz geht in keinem Fall.
    Das ein Ladevorgang an einer solchen Säule länger dauern kann ist grundsätzlich richtig. Allerdings ist der Sinn des Parkplatzes ja, für die Dauer des Einkaufs oder was auch immer zu laden. Man fährt da nicht extra hin um voll zu laden. Es ist einfach ein anderes Konzept als ein Tankvorgang mit einem Verbrenner. Man lädt wo es sich anbietet. Das nur als kleiner Hinweis. Belegte Parkplätze mit Ladesäulen, die von Verbrennern zugeparkt sind gibt es zu Genüge. Bei Interesse an der Elektromobilität gerne auf meinem Blog www.way-to-emobility.de stöbern. Liebe Grüße Heinz

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    1. Lieber Heinz,
      vielen Dank für deinen Hinweis, ich werde mir deinen Blog auf jeden Fall ansehen und mich dort "verewigen". Ich komme an der Kreuzung, an der sich die Parkplätze befinden, sehr oft vorbei, manchmal sogar mehrmals täglich. Nur alle paar Wochen sehe ich dort mal ein E-Auto, das gerade aufgeladen wird. Da die Parkplatzsituation im ganzen Viertel ziemlich angespannt ist, habe ich auf den Tank-Parkplätzen auch schon Fahrzeuge gesehen, die da nicht hingehören. Da wäre es Sache des Rathauses, einzuschreiten; der Weg geht ja nicht mehr kürzer. Aber da passiert auch nichts, wenn der Behindertenparkplatz von Leuten beparkt wird, die so fit sind wie der junge Frühling. Liebe Grüße Ina

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