O'zapft is!

Was soll diese Überschrift in einem Blog aus Niedersachsen? Die Antwort: Es ist wieder Oktoberfest-Zeit. Auch in Hannover. Wenn ich mich umsehe, habe ich jedes Jahr Ende September/Anfang Oktober den Eindruck, wir wurden über Nacht okkupiert: Es wehen weiß-blaue Fahnen, Frauen tragen Dirndl, Männer Krachlederne mit Hosenträgern. Nur der Gamsbart hat es nicht bis in den Norden geschafft. Kommt vielleicht noch. 
Auch hier gab es wie in München einen Bieranstich mit dem Bürgermeister. Die Tageszeitung ist voll vom Oktoberfest: Zuerst mit dem im Süden - in der bayerischen Landeshauptstadt beginnt das Gelage ein paar Tage vor dem in der niedersächsischen - und dann mit dem im Norden. Aber in Hannover ist mit dem Oktoberfest auf dem Schützenplatz noch lange nicht Schluss: Etwas zeitversetzt und nur an den Wochenenden gibt es die Hannover Wies'n, eine feucht-fröhliche blau-weiße Freiluftveranstaltung, die dort stattfindet, wo im Sommer Ina Müller gesungen hat. 

Ich bin ohnehin kein großer Fan von Volksfesten; dieses Wort meint mich nicht. Aber ich weiß nicht, warum man auch im Norden Deutschlands meint, beim Feiern so aussehen zu müssen, wie es sich asiatische Touristen, die auf einen Kurztrip hier sind, für das ganze Land vorstellen. Warum kleidet man sich wie ein Klischee?
Der bekannte Bremer Volksfestklassiker, der Bremer Freimarkt, wird in diesem Jahr schon zum 983. Mal veranstaltet, das Münchner Oktoberfest zum 185. Mal. Ein Bremer Lokalredakteur hat nun einen "Forderungskatalog" aufgestellt: Anlässlich des Starts des Freimarkts am 19. Oktober erwartet er, dass die Münchner Innenstadt festlich mit der bremischen rot-weißen Flagge geschmückt ist und in den Schaufenstern der Bekleidungsgeschäfte Ostfriesennerze, Fischerhemden und Kapitänsuniformen dominieren. Um das richtige Nord-Feeling zu erzeugen, soll in dieser Zeit in den Münchner Wirtschaften statt Weißwurst Grünkohl auf den Speisekarten stehen. Vielleicht sollte mal jemand den Artikel nach Bayern durchreichen, damit man dort weiß, was man in Bremen erwartet und die Vorbereitungen nicht so hektisch verlaufen.


© Uschi Dreiucker/pixelio.de
Nächstes Jahr wird es in Hannover das 489. Schützenfest geben. Die Stadt plant, es zum 500. Geburtstag als UNESCO-Weltkulturerbe vorzuschlagen, weil es das größte und älteste Schützenfest der Welt ist. Ich überlege kurz, den Gedanken des Redakteurs aus Bremen aufzugreifen, die Münchner Schaufenster im nächsten Sommer umzudekorieren. Nein, ich glaube, Schützenuniformen und Luftpistolen kommen nicht so gut an. Aber was spricht dagegen, Lüttje Lagen auszuschenken? Das sollte man mal im Auge behalten. 😉

Der eine oder andere Wies'n-Besucher hat seine Eindrücke vom größten Volksfest der Welt übrigens auf einer Art alternativen Oktoberfest-Seite fotografisch verewigt: Tatsächlich wird mit dem Seitennamen münchen kotzt nicht zu viel versprochen. Wenn man sich aber von den Begrüßungsbildern nicht abschrecken lässt, sieht man, dass dort auch noch anderes geboten wird. Prost!


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