Frankfurter Buchmesse: Es muss nicht immer ums Lesen gehen

Für Menschen mit drei Beinen, Rädern oder anderen Hilfsmitteln ist eine Messe eine Herausforderung. Da macht auch die Frankfurter Buchmesse keine Ausnahme. Der Messe-Freitag ist noch ziemlich moderat: Die Hallen sind nur für Fachbesucher geöffnet, sodass es noch nicht diese bedrückende Enge gibt, wie wir sie im letzten Jahr am Wochenende erlebt haben, wenn die Messe allen Interessierten offen steht. Dann ist man mit zahllosen Menschen auf Tuchfühlung. Aber die vielen Leute und die langen Strecken sind auch am Freitag anstrengend.

Ich hatte in einer Pressemitteilung gelesen, dass die Messe
gemeinsam mit der TU Darmstadt das Forschungsprojekt "Frankfurter Buchmesse für Alle" gestartet hatte. Es sollte einen eigenen Stand geben, der über die Konzepte zum Barriereabbau auf der Messe informiert und die Besucher zum Mitmachen auffordert. Der Stand war erstaunlich gut besucht, auch von Menschen, die auf mich nicht körperlich eingeschränkt wirkten. Aber wer weiß das schon. Vieles sieht man einem Menschen ja nicht an.
Ich habe dort Yujin Lee kennengelernt, eine junge Frau aus Südkorea. Sie war selbst Messebesucherin und arbeitet als Korrespondentin für eine koreanische Stiftung, die sich um kulturellen Austausch bemüht, in Deutschland. Sie war gekommen, um sich über die Maßnahmen zu informieren, die hier ergriffen werden, um die Barrierefreiheit für Behinderte zu verbessern und mehr Teilhabe zu ermöglichen. Auf meine Frage erzählte sie, dass sie gar nicht so genau weiß, wie viele Behinderte es in ihrem Heimatland gibt. Über offizielle Statistiken war ihr nichts bekannt, und auf der Straße sind dort kaum behinderte Menschen zu sehen. Wir konnten uns beide nicht vorstellen, dass es in Südkorea anteilsmäßig so viel weniger Menschen mit Beeinträchtigungen geben sollte als in Deutschland. Aber sie sagte auch, dass einer der Gründe sein könnte, dass man in Südkorea nicht auf Behinderte eingerichtet ist. Man könnte auch sagen: Der öffentliche Raum ist so mobilitätshemmend, dass man mit einer Behinderung nicht weit kommt, wenn man seine Wohnung verlässt.
Ich habe so etwas schon einmal über Japan gelesen. Auch dort halten sich behinderte Menschen überwiegend zu Hause auf, weil Straßen, Wege, Plätze und öffentliche Gebäude und Verkehrsmittel nicht auf sie eingerichtet sind. Es fehlt dort nicht nur das grundsätzliche Bewusstsein für die Problematik, sondern Familien schämen sich für ihre behinderten Angehörigen und es ist ihnen lieber, wenn diese ein zurückgezogenes Leben führen. Ein Leben wie in einem Käfig. Wie schrecklich. 
Ich freue mich, Yujin Lee kennengelernt und mit ihr gesprochen zu haben. Vielleicht trägt ihre Arbeit ein kleines bisschen dazu bei, die Verhältnisse in ihrer Heimat in dieser Hinsicht zu verbessern.

Herrn Höcke bin ich übrigens nicht begegnet. Seine Buchvorstellung fand im kleinen Kreis und mit nur wenigen Pressevertretern in einem separaten Raum statt. Da es schon Herrn Sonneborn in seiner Stauffenberg-Verkleidung nicht gelungen ist, bis zu ihm vorzudringen, habe ich mir die Mühe gar nicht erst gemacht. Es ist jetzt nicht so, dass mir da etwas fehlen würde. 
Der Börsenverein des deutschen Buchhandels hat sich in diesem Jahr die Themen Freiheit, insbesondere die Meinungsfreiheit, und Menschenrechte auf die Fahnen geschrieben. An seinem Stand gab es Stofftaschen mit dem Aufdruck "Für das Wort und die Freiheit - Freie Meinung ist Menschenrecht". Eine davon ist mit uns nach Hause gefahren.

Abfahrt; Blick aus dem Zugfenster
Wenn ich es einrichten kann, werde ich auch 2019 zur Buchmesse fahren. Mal sehen, was es dann zu berichten gibt.
Ich werde einen weiteren Text über die Messe schreiben, diesmal jedoch aus meiner Sicht als Buchbloggerin. Den Artikel werdet Ihr bei Inas Bücherkiste finden.

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