Frisch ans Werk! Ja, gleich...

Das wünsche ich mir von mir selbst: Morgens setze ich mich ausgeruht und motiviert an meinen Laptop und kümmere mich strukturiert um alles, was so anfällt. Mails beantworten, Aufträge abarbeiten, Telefonate erledigen ... was eben so nötig ist.

So bin ich morgens tatsächlich: Ich pussele hier und da herum, oft habe ich auch einen Termin, dann scrolle ich mal durch die Mails und gucke, ob es Nachrichten gibt, die mich interessieren. Kurz (!!) schaue ich beim Netzwerk mit dem großen F vorbei. Beim Blick auf die Uhr dann der Schock: Was? Schon Mittag? Wie konnte das passieren?

Prokrastination nennt man so etwas. Das klingt besser als "Aufschieberitis". Dieses Phänomen beherrscht mich nicht jeden Tag, aber ab und zu eben doch. Als ich noch einen geregelten Büroalltag hatte, bei dem ich morgens aus dem Haus ging, im Büro erwartet wurde, dort Termine wahrgenommen und mich um die täglichen Aufgaben gekümmert habe, kannte ich das auch schon. Aufgrund dieser Struktur, die ich selbst nur begrenzt beeinflussen konnte, hat es die Prokrastination aber schwerer gehabt, sich durchzusetzen. Bei manchen ganz bestimmten Tätigkeiten hat sie sich jedoch hämisch aus ihrer Ecke gewagt. Der Klassiker: das Verfassen von Sitzungsprotokollen. Es gab fast nichts Schlimmeres. Einer meiner Kollegen und ich haben das gleichermaßen gehasst und diese Aufgabe aufgeschoben bis zum Gehtnichtmehr. Die Folge: Man hatte wichtige Absprachen nur noch undeutlich vor Augen und das Schreiben dauerte länger als nötig. Mein Kollege hatte da seine eigene Methode entwickelt: Er schrieb seine Protokolle so spät, dass sie erst mit der Einladung zur nächsten Sitzung verschickt wurden. Dann wusste kaum jemand noch so ganz genau, was acht oder zehn Wochen zuvor gesagt worden war und so manche nervtötende Diskussion und Wortklauberei wurde vermieden. Kann man machen.

Ich finde es immer noch sehr schwer, mir das Aufschieben abzugewöhnen. Auch beim Verfassen von Texten kümmere ich mich zuerst um die, die mich mehr interessieren. Wie ich schon mal erwähnt habe, kaufe ich auch nicht gern ein. Hin und wieder erwische ich mich dabei, wie ich überlege, ob das, was wir noch im Kühlschrank haben, nicht noch einen oder zwei Tage reicht. Ihr dürft raten, wie diese Überlegungen oft enden.
Wenn ich mich im Freundes- und Bekanntenkreis umhöre, ist Prokrastination vor allem verbreitet, wenn es um die Abgabe der Steuererklärung geht. Das ist hier nicht anders, obwohl das für meinen Mann kein Problem ist. 

Ich habe kürzlich etwas gelesen, das nicht nur mich, sondern die meisten Prokrastinationsexperten entlasten dürfte: In diesem Jahr wurde eine Studie der Uni Wien und der FH Oberösterreich veröffentlicht, wonach man umso weniger prokrastiniert, desto eher die Tätigkeit zu Kreativität und Problemlösung auffordert. Das unterschreibe ich! Wer mir einen Textauftrag geben will, sollte darauf achten, dass er meinen Ansprüchen an kreativer Entfaltung genügt. Ein Haiku über Dämmvorschriften bei Neubauten? Eine Ballade über ein Urteil des Bundesgerichtshofes? Her damit! Ich wäre auch bereit, ein Sonett für ein Fitness-Studio oder ein Elfchen für die Homepage einer Podologie-Praxis abzuliefern. Traut Euch! Ihr habt es in der Hand, ob mein Hang zur Prokrastination bald Geschichte ist. 😉

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