Dreibeinige Alltagsgedanken beim Einkaufen

Ich kaufe seit Jahren beim selben Supermarkt in unserem
Wohnort ein. Einkaufen macht mir keine Freude: Ich ärgere mich, wenn ich an die Ware im obersten Regal nur noch knapp herankomme (und nein: ich bin nicht kleinwüchsig), mich nervt es, wenn die Angestellte mit ihrer Putzmaschine zwischen den Kunden herumkurvt und eine feuchte Spur auf dem Boden zieht, auf der das "dritte Bein" im schlechten Fall einen formvollendeten Salto macht, dem ich nicht ganz so formvollendet folge. Ach ja, und ich hasse Kassenschlangen einschließlich der Leute, die sich mehr oder minder dreist nach vorn schieben. Ich könnte diese Nervfaktoren einen nach dem anderen näher ausführen, mache es jetzt aber nicht. Wichtig zu wissen ist nur eines: Das Einkaufen ist für mich eine lästige Notwendigkeit, die ich so rasch wie möglich hinter mich bringen will. Schaffe ich das schnell genug, bleibt meine meistens gute Laune stabil; wenn nicht... lassen wir das.


Heute früh habe ich den Laden meines Vertrauens wieder mal angefahren. Die Geschäftsleitung, die fernab in einer bayerischen Kleinstadt die niedersächsischen Geschicke fernsteuert, hat sich kürzlich etwas ausgedacht, was sie offenbar für umsatzsteigernd hält: Im laufenden Geschäftsbetrieb hat ein halbes Dutzend Arbeiter die Ware aus den Regalen geräumt, die alten Regalsysteme ab- und neue, unwesentlich besser aussehende aufgebaut. Die Ware wurde nach einem neuen Schema wieder eingeräumt (toll! So lernt man jeden Winkel des Gebäudes kennen!), an die Wände kam ein bisschen frische weiße Farbe, es wurden noch ein paar andere Kleinigkeiten geändert und die Filiale für zwei Tage geschlossen. Vermutlich haben sich ein paar Heinzelmännchen dort für 48 Stunden nützlich gemacht. Aber ich schweife ab...

© Karl-Heinz Laube/www.pixelio.de
Nach dieser Mini-Schließung wurde die Neueröffnung mit Preisnachlässen, billigen Geschenktütchen für die Kunden
und Luftballons über der Automatiktür "gefeiert". Da der pauschale Rabatt enorm viele Menschen angelockt hatte, war der Parkplatzt rappelvoll und ich froh, überhaupt noch eine Lücke zu finden. Heute dann, als wieder der normale Supermarkt-Alltag eingekehrt war, habe ich eine tiefgreifende Veränderung bemerkt: Direkt gegenüber des Eingangs, sehr gut unter dem vor Niederschlägen oder gleißendem Sonnenlicht schützenden Parkplatzdach, gibt es jetzt einen Eltern-und-Kind-Parkplatz. Eltern können ihren Nachwuchs nun also bequem und geschützt vor den Unbilden des norddeutschen Wetters aus dem Auto holen und später wieder hineinsetzen. Bis dahin ist alles top.

Aber: Schräg gegenüber sind zwei Behindertenparkplätze. Ohne Parkplatzüberdachung. Rollstuhl fahrende Kunden dürfen also im Winter auf einer nicht von Schnee und Eis geräumten Parkfläche ihr Fahrzeug verlassen und in den Rolli umsteigen. Bei Regen müssen sie sich ein bisschen beeilen, wenn sie halbwegs trocken bleiben wollen. Dass so ein Umsteigen bei manchen Menschen mit einer starken Beeinträchtigung bis zu zehn Minuten dauern kann... tja, shit happens.
Nein, im Ernst: Diese Gedankenlosigkeit macht mich fassungslos. Ich habe vor einigen Jahren mal die Geschäftsleitung  einer hannoverschen Filiale eines Elektronikanbieters angeschrieben. Der Grund: Der einzige Behindertenparkplatz in der Tiefgarage war durch das nachträgliche Einziehen einer Trennwand halbiert worden. Ein Behinderten-Motorrad hätte noch gerade eben darauf Platz gehabt, wenn es denn so etwas überhaupt gäbe. Auf meine Nachfrage hin wurde ich darauf verwiesen, dass es doch einen Behindertenparkplatz draußen an der Straße vor dem Eingang gebe. Die Wetterproblematik hatte auch dort keiner auf dem Schirm. 
Ich bin jetzt aber ausreichend genervt, um eine Mail nach Bayern zu schreiben und sehr gespannt, ob darauf überhaupt reagiert wird. Ich ahne, dass mir das Einkaufen auch in Zukunft keinen Spaß machen wird.

Kommentare

  1. Da sind wir in Hamburg wohl verwöhnt. Bei mir in der Nähe gibt es einen riesigen Supermarkt mit einem Parkhaus, das über mehrere Ebenen geht und viele Plätze für Rollstuhlfahrer sowie für Eltern mit Kindern hat. Etwas weiter entfernt, aber ebenfalls schnell und gut zu erreichen, gibt es ein großes Einkaufszentrum mit noch besserer Ausstattung.
    Ich fahre immer in das Einkaufszentrum. Da gibt es mehrere Supermärkte. Einer davon hat noch diese kleinen, "handlichen" Einkaufswagen, wie man sie früher überall hatte, nicht diese ollen Riesenwagen, die man nur schwer um die Ecke schieben kann.
    So macht das Einkaufen Spaß.

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    1. Ich glaube, ich kaufe künftig mit Dir zusammen in Hamburg ein ;-) Hier wird grundsätzlich auf offenen Parkplätzen geparkt. In der hannoverschen Innenstadt gibt es eine Mall, ein Kaufhaus und eine Filiale einer Elektronikkette (eine andere als die oben genannte) mit Tiefgaragen. Letztere steuere ich nie an und mit Einkaufszentren habe ich es nicht so. Hier im Ort gibt es einen großen Supermarkt und mehrere Discounter, alle haben die üblichen Parkplätze. Auf die Einkaufswagen achte ich mittlerweile auch, nachdem sich die einer bekannten Lebensmittelkette, die sich mal zwei Brüder geteilt hatten, als für mich untauglich herausgestellt haben.

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  2. Oh jaaa! Wir gehen zusammen einkaufen! Ich bin auch nicht der Einkaufszentrentyp, aber dieses hier - das Alstertal-Einkaufszentrum - ist wirklich sehr schön und ausgesprochen angenehm. Ich fahre immer am Freitagmorgen hin, wenn es noch nicht überlaufen ist.

    Da habe ich alles, was ich brauche: Supermarkt mit handlichen Einkaufswagen, Drogerie, Reformhaus, Kaufhaus (für Haushaltsartikel). In einer Stunde hab ich alles zusammen, was ich für die Woche brauche. Und das mit breiten Parkplätzen auch für Menschen ohne "Sonderbedarf", mit geräumigen Aufzügen und immer mit einem Dach überm Kopf.

    Wir verabreden uns! :-)

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    1. Klingt super! Aber Dir ist schon klar, wo ich wohne? ;-) Ich habe wegen der Parkplätze übrigens eine Mail an die Unternehmenszentrale geschrieben. Sie ist an den zuständigen Bearbeiter weitergegeben worden. Mal sehen, welche Beschwichtigungsfloskeln er aus dem Ärmel schüttelt.

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  3. Na klar weiß ich, wo Du wohnst. Es gibt doch Google Maps! ;-) Irgendwann machen wir mal einen gemütlichen Einkaufsbummel im AEZ. Es muss ja nicht morgens um 9 sein. Vielleicht treibt Dich Dein Leben ja mal nach HH. :-) Es gibt auch nette Cafés, Restaurants und Eisdielen dort - mit seeeehr leckerem Eis! Es lohnt sich ...

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  4. PS: Der zuständige Bearbeiter in der Zentrale Deines Supermarktes wird sicher all seine Kreativität entfalten, um seiner Tastatur eine hübsche Beschwichtigungsfloskel zu entlocken!

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