Kunden unerwünscht? - Wie Unternehmen mit Kündigungen umgehen

1987 habe ich in den ersten Tagen meiner Ausbildung
bei der Deutschen Bundespost ein Konto bei einer Selbsthilfeeinrichtung eröffnet, die nur Beschäftigten der Bundespost und ihren Angehörigen offen stand. Diese Einrichtung war als Verein organisiert und hatte den Vorteil, dass man mithilfe des Sparkontos nach und nach Geld zur Seite legen konnte und es möglich wurde, einen Dispo zu bekommen; das ging damals bei Post-Girokonten nicht. Außerdem hat der Beamte, der uns in Empfang nahm und den ganzen Formularkram erledigte, mir und den anderen Neuen die Mitgliedschaft empfohlen, um zum Beispiel einen günstigen Hypothekenkredit zu bekommen.

Nach einigen Jahren bin ich aus beruflichen Gründen nach Südhessen gezogen. Das Konto und meine Vereinsmitgliedschaft zogen ebenfalls um. 
Noch etwas später verschwand das Wort "Verein" und wurde durch "Bank" ersetzt. Trommelwirbel, alles wurde besser. Verein klingt piefig und passt so gar nicht zu einem fortschrittlichen Unternehmen. Aber Bank, das hat etwas. Erst recht, weil es sich jetzt um eine Direktbank handelte. Die Vereinsmitglieder wurden per Handauflegen zu Kunden, um die man sich bemühen musste. Nein, hätte bemühen müssen. Was dann geschah: Wie überall im Bankensektor schmolzen die Zinsen auf das Ersparte bis zur Unkenntlichkeit zusammen. Ebenfalls wie überall ging der Trend zum papierlosen Onlinebanking und wenig persönlichen Kundenkontakt. Alles, was die Bank kein Geld kostet, ist super. 

Über den kaum noch wahrnehmbaren Guthabenzins habe ich mich durchaus geärgert. Aber eher leise. Immer wieder habe ich mir vorgenommen, meine Geschäftsanteile und das Konto zu kündigen, und es wieder vergessen. Egal, große Reichtümer wurden dort nicht mehr verbucht.
Dann kam der Tag, an dem ich online Geld von diesem auf mein reguläres Girokonto transferieren wollte. An irgendeiner Stelle der Anmeldeprozedur hat es immer wieder gehakt. Das Ende vom Lied: Ich wurde gesperrt.

Kein Problem. Ein Anruf beim freundlichen Kundenservice, und ein paar Tage später lag die Post mit den für das Einloggen nötigen Unterlagen in meinem Briefkasten. Die Anleitung entsprach jedoch wortwörtlich der, an der ich bereits zuvor gescheitert war. Und das, obwohl ich mehrere andere Konten pannenfrei per Internet verwalte. Ein weiterer Anruf beim Kundenservice brachte mich der Erkenntnis allerdings nicht näher. Nun war die Entscheidung gefallen: Ich brauchte dieses Konto nicht mehr und hatte es - das muss ich ehrlicherweise zugeben - mehr aus Gewohnheit noch behalten. Aber jetzt war Schluss.

Mithilfe eines Formulars, das ich der Bank per Post schickte, kündigte ich im September Konto und Geschäftsanteile. Danach passierte nichts. Ich hatte mindestens mit einer Bestätigung gerechnet, aber es geschah nichts. Sollte der Brief verloren gegangen sein? Kann ja mal vorkommen. Anfang November schrieb ich eine E-Mail an den Kundenservice, verwies auf meine Kündigung und bat um eine Rückmeldung. Heute, drei Wochen nach dieser Nachricht und neun Wochen nach meiner Kündigung, bekam ich einen Kontoauszug. Von anderen Kontoauszügen unterschied er sich praktisch nur dadurch, dass über dem Tabellenteil *** Konto aufgelöst *** stand. Das war's nach 34 Jahren Geschäftsbeziehung. 

Die Zeitung macht's nicht besser

Seit Anfang der 1990-er Jahre hatte ich eine deutsche Wochenzeitung abonniert. In den letzten Monaten hat sie mir immer weniger gefallen. Auch hier fand ich, dass es nun genug ist, und habe das Abo gekündigt, in diesem Fall per Mail. Was dann kam, war: nichts. Nach einigen Wochen habe ich eine weitere Mail geschrieben, diese an eine andere Adresse bei dieser Zeitung geschickt und bekam dann noch am selben Tag auf demselben Weg eine Bestätigung: 

Ihre Belieferung mit XYZ wird mit der Ausgabe 049/2021, die am 01.12.2021 erscheint, eingestellt. 

Für Fragen rund um XYZ steht Ihnen auch in Zukunft unser Leser-Service unter Tel.: [...] gern zur Verfügung.
Wenn Sie XYZ gelegentlich vermissen, können Sie diese am Kiosk oder als App für das iPad erwerben.
Ich bedanke mich herzlich für das uns entgegengebrachte Vertrauen. 
Mit freundlichen Grüßen
Leser-Service XYZ

Beide, die Bank und die Zeitung, haben durch ihre Reaktionen gezeigt, wie wurscht ihnen ihre Kunden bzw. Leser sind. Da gibt es eine jahrzehntelange Geschäftsbeziehung, die plötzlich gekündigt wird, und niemand kommt auf die Idee, mal nachzufragen, woran es gelegen hat? Sollte sich nicht jedes Unternehmen über einen treuen Kundenstamm freuen? Ich finde das sehr schwach und hoffe, dass Bank und Zeitung irgendwann ihren Umgang mit denen, die ihnen den Job sichern, verbessern. 


Kommentare

  1. Es ist typisch für diese Zeit, dass das Menschliche auf der Strecke bleibt. Ein paar Klicks und zack, ist es erledigt. Egal was, alles nur noch online.
    Seit Jahren habe ich keinen Bankmitarbeiter mehr persönlich gebraucht, obwohl ich kein Online-Banking mache. Es gibt eine Schalterhalle, in der man seine Geldgeschäfte erledigt. Fertig.
    Wir waren zwanzig Jahre Mitglied beim DLRG und haben vor einem Jahr gekündigt. Online natürlich und nie eine Antwort bekommen. Es wird einfach kein Jahresbetrag mehr abgebucht. Das wars.
    Im Beruf genauso; man braucht nicht mehr miteinander zu reden, sondern schickt sich Mails.
    Frustierte Grüße von Ingrid, der Pfälzerin (die lieber mit echten Menschen als mit Computern spricht)

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    1. Mir fehlt das Persönliche auch, und ich glaube, dass diese Entwicklung unserer Gesellschaft nicht guttut. Aber wir werden das nicht aufhalten können.
      Ich habe den Beitrag auch bei Instagram geteilt und dort die beiden Unternehmen über deren Accounts angesprochen. Mal sehen, ob eine Reaktion kommt.
      Tröstende Grüße aus Niedersachsen
      Ina

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