Sport ist Mord, erst recht im Winter

Vorhin gab es eine kurze Phase, in der es weder
geregnet noch geschneit hat. Wir haben spontan beschlossen, ein bisschen Fahrrad zu fahren. Frische Luft, Bewegung, unterwegs mal andere Leute sehen... Gibt es gerade etwas Besseres? Radfahren ist hier problemlos möglich, weil sich noch keine der herabrieselnden Schneeflocken getraut hat, sich gemütlich auf der Straße einzurichten.

Also los: Jacke, Schal, Mütze und Handschuhe anziehen, die Haustür öffnen... und kurz erstarren. Wie kalt soll es draußen sein? 1° C? Soll man da wirklich losfahren?

Egal, jetzt sind wir schon mal "reisefertig". Nun wird kein Rückzieher mehr gemacht. Wir wählen eine Route ohne aufgeweichte Matschwege. Andere Radfahrer und auch Fußgänger sind nur vereinzelt unterwegs. Schon nach ein paar Minuten wird klar, warum: Es kommt wieder Schnee vom Himmel. Nicht hübsche, leichte Flocken, wie sie in "Schneeflöckchen Weißröckchen" gemeint sind, sondern kleine spitze Dinger, die sich mit dem Wind gegen uns verbünden. Jede Flocke, die im ungeschützten Gesicht auftrifft, sticht einmal kurz in die Haut, bevor sie sich dem Schmelztod hingibt.

Hatte ich schon mal erwähnt, dass ich schlechtes Wetter nicht leiden kann? Es gibt Dinge, bei denen ich ziemlich wehleidig bin. Durch Wettereinflüsse in meinem Wohlbefinden beeinträchtigt zu werden gehört unbedingt dazu.

Der Wind sucht sich jede noch so kleine Lücke in meinem Radfahr-Winter-Outfit. Ich ziehe den Schal höher und die Mütze runter. Waren die Ärmel meiner Jacke nicht gestern noch länger? Dass meine Arme gewachsen sein könnten, schließe ich aus.

Und dann beginnt es. Erst als feines, leichtes Kribbeln in den Fingerspitzen, das man mit ein paar Handbewegungen - Faust öffnen, Faust schließen - noch einen Moment verscheuchen kann. Aber nach einigen Minuten fühlt es sich in meinen Fingern an, als würden die Nervenenden Samba tanzen: Meine Hände lassen sich kaum noch um den Lenker schließen, und ich hoffe, dass ich nicht auf den letzten Kilometern abrupt abbremsen muss, weil sich uns ein Eisbär in den Weg stellt. Mit den verfrorenen Händen könnte ich die Bremsen nicht mehr bedienen. Der Eisbär wäre platt, definitiv.

Wir kommen aus dem kleinen Wäldchen in unserer Nähe, überqueren eine Anliegerstraße und fahren in unser Viertel. "Und zu Hause ein Eierpunsch zum Aufwärmen?", fragt mich mein Mann. Ich bin jetzt so verfroren, dass ich zu allem Möglichen, das irgendwie Wärme spendet, "Ja" gesagt hätte. Aber ich weiß, dass bei uns noch eine Flasche Punsch darauf wartet, vernichtet zu werden. Das sehe ich als meine Aufgabe an.

Wenn dieser Text hier und da nicht ganz schlüssig gewesen sein sollte - ich habe möglicherweise bei der Auswahl des Tieres ein bisschen gepfuscht -, dann liegt das daran, dass ich beim Schreiben immer wieder an meinem Becher genippt habe. Der Eierpunsch hat getan, was er tun sollte: Mir ist jetzt wieder warm. Und mit den letzten Worten dieses Textes leere ich den letzten Rest Eierpunsch. War lecker. Und gesund bestimmt auch. Ach, na klar.






Kommentare

  1. Wir Mitteleuropäer sind nun mal keine Eisbären. Lach ...
    Mich bringt niemand raus, wenn solch ein unwirtliches Wetter ist. Dann sitze ich lieber am Fenster und schaue den Vögeln im Garten beim Futtern zu.
    Heute betreue ich wieder einige Stunden unseren Enkelsohn. Es kann sein, dass ich mit ihm raus gehe. Aber nur, wenn nichts weißes vom Himmel fällt.
    Daumen hoch für Deinen Mut, bei solch einem Wetter Fahrrad zu fahren!!!
    Liebe Grüße von der Pfälzerin

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    1. Mein Mann hat mich gerade gefragt, ob wir heute wieder Fahrrad fahren. Immerhin soll es weder Schnee noch Regen geben. Ich muss sagen, ich ringe noch mit mir...
      Liebe Grüße aus dem frostigen aber schneefreien Hannover (Niedersachsen wäre an der Stelle falsch)

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  2. Wenn man danach einen Eierpunsch haben kann, dann hat sich die Plagerei doch gelohnt! Und die armen Eisbären haben sowas gar nicht ...
    LG
    Sabiene

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    1. Schon dafür haben sie unser Mitleid verdient. 😉
      LG
      Ina

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