Punch the clock: Der Tag der Stechuhr

 Ich bin gerade zufällig darauf gestoßen, welches
denkwürdige Ereignis schon gestern stattgefunden hat: In den USA wurde der Punch the Clock Day gefeiert, auf welche Weise auch immer.

An allen meinen Arbeitsplätzen gab es eine Stechuhr. Dahinter steht für mich der Gedanke, dass Arbeitgeber dazu neigen, den Fleiß ihrer Mitarbeiter eher an deren Anwesenheit am Arbeitsplatz zu messen als an ihrer tatsächlichen Produktivität. Kann man machen, aber Situationen vor der Stechuhr haben mir bewiesen, dass das eine nichts mit dem anderen zu tun haben muss.

Einen großen Teil meiner Berufstätigkeit habe ich in Teilzeit gearbeitet. Das ließ sich mit meiner familiären Situation am besten vereinbaren, auch wenn damit ein geringeres Einkommen verbunden war. Mein Feierabend war deshalb mittags und damit dann, wenn die Vollzeit-Kollegen ihre Mittagspause begonnen haben.

Zwei bemerkenswerte Szenen, die sich kurioserweise in unregelmäßigen Abständen wiederholten, sind mir in Erinnerung geblieben:

Die Herren, die zehn oder 15 Jahre älter waren als ich und mich zufällig an der Stechuhr trafen, kommentierten meinen früheren Abgang oft mit einem jovialen Grinsen: "Na, Sie haben es gut, jetzt haben Sie frei!" Auf welchem Planeten leben solche Leute? Welches Bild haben sie von einer Kollegin, die Kinder hat? Dass sie um 13 Uhr zur Maniküre geht und den Rest des Nachmittags mit ihren Freundinnen durch die Innenstadtläden zieht und ihr üppiges Halbtagsgehalt verprasst? "Jetzt beginnt gewissermaßen mein zweiter Job. Feierabend ist dann gegen 22 Uhr." Irritiertes Schweigen.

Die andere typische Szene konnte nur passieren, weil die Stechuhr nicht den konkreten Zeitpunkt des Ein- und Ausstempelns erfasste, sondern die Zeitstunde in Fünf-Minuten-Blöcke einteilte, die dann als Zeiteinheiten berechnet wurden. Ein Arbeitstag von acht Stunden bestand also aus 96 Zeiteinheiten. Immer dieselbe Klientel - Kollegen aus der Führungsriege - stand zur Mittagspause oder vor dem Feierabend lauernd vor der Stechuhr, um auf gar keinen Fall eine oder zwei Minuten zu früh die Stechkarte in den Schlitz zu schieben und so eine kostbare Zeiteinheit zu verschenken. Sie hielten sich für ausgesprochen clever, nichts daran war ihnen peinlich. Darüber, wie sie als Vorgesetzte wirken mochten, hatten sie sicher keine Sekunde nachgedacht.

Man kann sich bestimmt darüber unterhalten, ob Stechuhren überhaupt noch zeitgemäß sind, aber ich bin mir sicher, dass sie noch lange ein Teil der Arbeitswelt sein werden. Und genauso lange wird es Leute geben, die das Ansammeln von Überstunden als Anzeichen für besonderen Fleiß ansehen.

 

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