Eine Familie mit Ausdauer: Das älteste Hotel ist in Japan

Quelle: https://bccjacumen.com/its-in-our-dna/
Kürzlich bin ich in einem Bericht auf eine bemerkenswerte Jahreszahl gestoßen: 705 n. Chr. Ich konnte es kaum glauben, aber das Guinness-Buch der Rekorde bestätigt es: Vor mehr als 1.300 Jahren wurde das älteste Hotel der Welt gegründet. Es befindet sich in Japan auf der Insel Honshū und wurde bis 2017 von derselben Familie betrieben. Die 52. Generation kümmerte sich bis dahin darum, dass sich die Gäste wohlfühlen.

Nirgendwo steht, wie groß die Bereitschaft der einzelnen Generationen war, einen Betrieb zu übernehmen, den die Urahnen, von denen nur noch die Namen bekannt waren, einst gegründet hatten. Haben sie es aus freien Stücken getan oder beugten sie sich dem Familienwillen? Da wird wohl auch die kulturelle Prägung eine Rolle gespielt haben, in der Traditionen wichtiger sind als bei uns.

Das spiegelt sich in Deutschland zum Beispiel bei der Übernahme von Handwerksbetrieben wider: Weniger als die Hälfte von ihnen werden in der eigenen Familie weitergegeben, die Gründe dafür sind nicht bekannt. 

Aber auch unter Handelsunternehmern treibt die Überlegung, wer den Betrieb fortführen soll, manchmal kuriose Blüten. So verlor der bekannte Kaffeehändler Albert Darboven 2018 einen Prozess, bei dem es um die Rechtmäßigkeit der Adoption des Sohnes einer anderen Kaffeedynastie ging: Andreas Jacobs. Und das, obwohl Darboven selbst einen Sohn hat, der bereit ist, das Unternehmen zu übernehmen.
Der Adoptionsversuch Darbovens hat damals ein breites Medienecho hervorgerufen, kaum jemand konnte sich in ihn hineinversetzen und Verständnis für seine Entscheidung entwickeln.

Auch da ist die Situation in Japan eine andere. 53 Prozent aller vor dem Jahr 1700 gegründeten und immer noch existierenden Firmen befinden sich in Japan. Und besonders bemerkenswert ist die dortige Adoptionspraxis: Seit dem 13. Jahrhundert wird dort die Erwachsenenadoption praktiziert. Ihr Zweck ist genau der, den auch Albert Darboven verfolgt hat: Die Firmennachfolge soll nicht durch (unfähige) Blutsverwandtschaft, sondern unternehmerische Kompetenz sichergestellt werden. Emotionen spielen da keine Rolle, es geht nur um rationales Kalkül. So erklärt sich auch, dass es sich in Japan bei etwa 98 % der Adoptierten um Erwachsene handelt. Die emotionale Komponente, die in Deutschland bei den meisten Adoptionen maßgeblich ist - man will einem Kind ein Zuhause bieten - ist dort die Ausnahme. Die  Firmen Toyota, Kikkoman oder Canon sind hierfür einige gute Beispiele.

Wie viele Erwachsenenadoptionen nötig waren, um das Hotel, das heute Koshu Nishiyama Hot Spring heißt, so lange in der Familie zu halten, ist nicht überliefert. Aber ich ahne, dass man das das ein oder andere Mal getan hat. Damit das Hotel noch lange erhalten bleibt, wünsche ich seinen Eigentümern 将来へのすべての最高の願い。(Shōrai e no subete no saikō no negai.).





 

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