Ein neuer Anfang

Seit fast 25 Jahren waren die beiden Menschen in den zwei Häusern links und rechts von mir meine Nachbarn. Sie sind vor fast 60 Jahren mit ihren Ehepartnern und noch kleinen Kindern in ihre neuen Eigenheime gezogen, die Kinder wurden erwachsen, zogen aus, gründeten eigene Familien und wohnten oft mehrere Autostunden von ihren Eltern entfernt.

Die Nachbarin zur Linken wurde vor etlichen Jahren Witwe, der Nachbar zur Rechten war sogar zweimal verwitwet. Im Frühling verstarb die Nachbarin, im Herbst der Nachbar. Vor Weihnachten kamen die Kinder der Nachbarin und räumten das Haus ihrer Mutter aus. In einen Anhänger vor der Haustür wurde alles geworfen, was niemand mehr haben wollte. Aus dem offenen Giebelfenster des Dachbodens hörte man das Geräusch von splitterndem Holz, vieles wurde direkt durch das Fenster auf den Anhänger geworfen. Die Spuren eines langen Lebens wurden zum größten Teil zu Sperrmüll umgewandelt, der zum Schluss auf einen der Wertstoffhöfe gebracht wurde. Drei Tage hat das Räumen und Kramen nebenan gedauert, nun wird das Haus wahrscheinlich verkauft werden.

Jetzt, nach Weihnachten, hört man aus dem Haus des Nachbarn dieselben Geräusche. Auch hier hat sich im Laufe eines langen Lebens bestimmt eine Menge angesammelt: nicht nur Möbel und Hausrat, sondern auch Erinnerungsstücke - an Menschen, Reisen oder Ereignisse. Es gibt sicher viele Dinge, die nur für den Verstorbenen wichtig waren und einen (ideellen) Wert hatten, für die Angehörigen aber keine Bedeutung haben. In ein paar Tagen wird das Haus ausgeräumt worden sein und ich vermute, dass es ebenfalls verkauft werden soll.

Ich weiß, dass das der normale Lauf der Zeit ist: Menschen werden alt, versterben und dort, wo sie gelebt haben, ziehen andere Menschen ein. Ich weiß auch, wie schwierig es für die Angehörigen ist, zu entscheiden, welche Gegenstände man behalten und von welchen man sich trennen möchte. Gerade in der ersten Zeit nach einem Todesfall sollte das persönliche Gefühl vor dem Gedanken "Ach, das braucht man doch nicht mehr" die Oberhand behalten.

Nach dem für alle schwierigen Jahr 2020 gibt es die Hoffnung, dass 2021 besser wird und man wieder ein normales Leben leben kann. Ein Leben, das nicht daraus besteht, sich weiträumig aus dem Weg zu gehen und ohne die Sorge auskommt, dass man selbst oder die Menschen, die einem wichtig sind, von einem tückischen Virus infiziert werden könnten.
Ganz egoistisch wünsche ich mir außerdem für uns Nachbarn, mit denen wir friedlich und freundlich leben und auskommen. Ich bin schon deshalb gespannt, was 2021 bringen wird.


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