Es gibt ein Leben nach "Corona"! - Teil 5

Wir sind wieder in Leipzig. Diesmal zeige ich hier
keine Eintrittskarten, weil ihr Design in diesem Fall nicht der Rede wert war. Das Haus dafür umso mehr. Das Gebäude auf dem Foto war bis zur Wende 40 Jahre lang der sog. "Stasi-Bunker" oder wie es im Amtsdeutsch hieß: die Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit. 

Wir sind nicht in der DDR aufgewachsen und hatten dort auch keine Verwandten. Das, was wir wissen, stammt aus Büchern, Zeitschriften, Filmen oder Erzählungen früherer DDR-Bürger. Die Stasi war uns selbstverständlich ein Begriff. Wir wussten auch, was ihre Aufgaben waren und hatten von ihren Methoden gehört. Es ist allerdings ein sehr großer Unterschied, ob man etwas aus zweiter Hand erfährt oder es selbst sehen kann.

Im Stasi-Bunker von einst hat ein Bürgerkomitee schon 1990 die Gedenkstätte Museum in der "Runden Ecke" eingerichtet. Die Mitglieder haben die Räume so weit wie möglich mit ihrer damaligen Einrichtung erhalten und zahlreiche Exponate, die die Arbeit der Stasi dokumentieren, ausgestellt. Es geht ihnen darum, dass die Besucher etwas von der Arbeitsatmosphäre spüren, die dort gewesen ist: Das Mobiliar, der Linoleumfußboden, die Tapeten und die Heizkörper sind Original-Bürobestandteile.

Ich habe mit einer Mischung aus Schaudern und Befremden auf die Ausstellungsstücke geschaut und mich gefragt, ob die Stasi-Mitarbeiter gespürt haben, dass sie Grenzen deutlich überschritten hatten. Überwachten sie ihre Mitbürger aus voller Überzeugung, das Richtige für ihren Staat zu tun, oder waren sie Mitläufer, die Angst hatten, sich und ihren Familien zu schaden, wenn sie Bedenken anmeldeten?

Vermutlich gab es sowohl die Überzeugungstäter als auch die Mitläufer, die die ihnen übertragenen Aufgaben aus verschiedenen Gründen ausführten. Darauf gibt auch die "Runde Ecke" keine Antwort. Dem ehrenamtlich tätigen Bürgerkomitee geht es darum, das, was von der Leipziger Stasi-Verwaltung erhalten geblieben ist, für die nächste(n) Generation(en) zu bewahren.

Die Fotos lasse ich unkommentiert und werde nur kurz notieren, was darauf zu sehen ist. Mein Fazit nach diesem Besuch war: Es hat sich gelohnt, und ich würde jedem empfehlen, das Museum zu besuchen.

Zum Vergleich: Links ist der Hof für den Freigang der Strafgefangenen in der U-Haft der Volkspolizei, rechts der "Hof" für den Freigang der politischen Gefangenen während der U-Haft bei der Stasi.


Original U-Haft-Zelle der Stasi. Die beiden Fotos ergeben zusammen die Gesamtaufnahme.


 
Das Hausbuch gab es in allen Gemeinden mit mindestens 5.000 Einwohnern. Es wurde von einer Vertrauensperson oder dem Hauseigentümer geführt und enthielt die Namen aller Mieter, ihre Geburtsdaten, Berufe und die Lage ihrer Wohnung im Haus (z. B. 3. Stock rechts). Bekam ein Mieter Besuch aus der DDR, der länger als drei Tage blieb, musste sich dieser bei der Hausvertrauensperson melden und seine persönlichen Daten einschließlich seines Berufs und den Grund des Aufenthalts angeben. Nicht-DDR-Besucher hatten sich innerhalb von 24 Stunden bei der Volkspolizei melden.


Hier geht es um die Geruchskonserven, die zu den erkennungsdienstlichen Maßnahmen zählten. Mit sterilen Stofflappen wurden Gerüche von Personen aufgenommen und in Einmachgläsern aufbewahrt. Die Stasi nahm diese unverwechselbaren Körpergerüche von Flugblättern, Briefen oder auch speziellen Stuhlbespannungen ab, auf denen Menschen während eines Verhörs saßen. Speziell geschulte "Differenzierungshunde" konnten anhand der Geruchskonserven Verdächtige aufspüren.


Das ist das Deckblatt einer Abschlussarbeit an der Juristischen Hochschule der Stasi in Potsdam. Den Titel der Arbeit kann man unkommentiert lassen:
"Die Anwendung der kriminalistischen Methode - Geruchsdifferenzierung - zur Lösung politisch-operativer Aufgaben des MfS."


Da die Erläuterung zu dieser Vitrine schlecht zu lesen ist, schreibe ich sie hier wörtlich auf: "Operative Personenmaskierung (OPM) - Fertig gepackter Koffer mit Verkleidungsutensilien, hier das Modell "Bauarbeiter". Zur Veränderung des äußeren Erscheinungsbilds wurden ausgewählte Mitarbeiter im Schulungsobjekt Leipzig-Schönefeld in der Paul-Heyse-Str. 8, einem als Außenstelle des VEB Wärmegerätewerks Dresden getarnten Haus, in dieser "Kunst" ausgebildet."


Der Besuch der "Runden Ecke" war sehr interessant und hat euch zwei Minuten Corona-Auszeit beschert. 😉 Morgen geht es nach Potsdam. 

Kommentare

  1. Danke für die Auszeit von meinem Corona-Karussel. Diese Exponate in dem Museum sind schon sehr gruselig. Und man merkt, wie gut dieses Regime die Gepflogenheiten aus dem Dritten Reich konserviert hatte.
    LG
    Sabiene

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    1. Ja, gruselig trifft es ganz gut. Was die damaligen Stasi-Mitarbeiter wohl empfinden würden, wenn sie die Ausstellung besuchten? Viele Menschen sind zu einer Menge unschöner Dinge fähig und bereit, wenn ihnen dafür keine Strafe droht.
      LG
      Ina

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