Klassentreffen


Ich habe heute eine Doku gesehen, in der es um das
© Unbekannt/(Siegfried Fries) /pixelio.de
Wiedersehen eines Abi-Jahrgangs nach 25 Jahren ging. 25 Jahre - diese Zeitspanne ist seit jeher so etwas wie eine Wegmarke, wenn man sich etwas vorgenommen und es dann geschafft hat. Warum nicht 22 oder 28 Jahre? Hängt das mit dem Zeitpunkt für die Silberhochzeit zusammen? Kann sein, aber wer weiß das schon.


Das Wiedersehen, das da geplant wurde, sollte einen ganzen Jahrgang nach Castrop-Rauxel bringen. Viele der ehemaligen Schülerinnen und Schüler hatten sich seit dem Verlassen der Schule nicht mehr gesehen oder miteinander gesprochen, obwohl damals wie heute die großartige Gemeinschaft beschworen wurde. 

Gewissermaßen zur Vorbereitung hatten die meisten schon mal vorher ins Abi-Buch geguckt, und da lächelten sie einem wieder mit mehr oder weniger alkoholgeschwängerten Blicken entgegen: die beiden Mädchen von damals, hinter denen fast jeder Junge her war, und der Typ, der sein Abi mit exakt 100 Punkten gemacht hatte - der Spruch "mit dem Arsch über die Klippen" klingt da beinahe schon zu harmlos.

Selbstverständlich ging es niemandem um die Darstellung der ökonomischen Dreifaltigkeit, die - wie uns mal die Werbung eines Geldinstituts Mitte der 90-er suggeriert hat - aus "mein Haus, mein Auto, mein Boot" besteht. 
S-e-l-b-s-t-v-e-r-s-t-ä-n-d-l-i-c-h nicht.

Ich habe schon mehrere Klassentreffen hinter mir. Da ich eine Gesamtschule besucht habe, war ich nach der Grundschule bis zur zehnten Klasse Teil einer Klassengemeinschaft, bevor sich danach in der Oberstufe alles neu sortierte. Die damalige zehnte Klasse hat sich in den vergangenen 36 Jahren schon mehrmals getroffen. Ungefähr zwei Drittel der Mitschülerinnen und Mitschüler von früher sind jedes Mal gekommen. Na klar, zu den ersten Fragen gehören die nach dem persönlichen Lebensweg und der Familie. Wenn man sich nur zu diesen Anlässen sieht, ist das naheliegend.

Es hat aber kein Treffen gegeben, zu dem alle gekommen sind. Ein paar Leute waren nicht erreich- oder auffindbar; von einem Mitschüler wurde erzählt, dass er kurz nach der Schule nach Berlin gegangen und dort abgestürzt ist. Von Drogen war die Rede. War er deshalb nicht gekommen, weil er genau diese Art des ersten Checks vermeiden wollte? Hatte er Angst, nicht mithalten zu können?

Meine frühere Schule veranstaltet für jeden Abi-Jahrgang nach 25 Jahren ein Treffen. Soweit möglich, kommen auch die früheren Lehrkräfte und der ehemalige Schulleiter. Wenn ich mich richtig erinnere, waren in unserem Jahrgang zum Schluss etwa 80 Schülerinnen und Schüler. Etliche davon waren erst mit dem Beginn der elften Klasse zu uns gestoßen. Von ihnen war niemand da. 

Es fehlten auch hier diejenigen, von denen ich wusste, dass sie das, was sie sich vorgenommen hatten, nicht verwirklichen konnten. Einer hatte zum Beispiel nach dem Abi mit einem Jura-Studium begonnen. Nach ein paar Jahren brach er es ab und lebt seitdem von Sozialhilfe und später Hartz IV. Er hat eine Weile für kleines Geld auf lokaler Ebene für eine Naturschutzorganisation gearbeitet und das irgendwann ehrenamtlich fortgesetzt. Eine Partnerin oder einen Partner hat es in seinem Leben nie gegeben. Seine Eltern lebten in derselben Häuserzeile.

Ist auch er dem Jahrgangstreffen ferngeblieben, weil er befürchtete, insgeheim belächelt zu werden? Man kann es auch bei ihm nur vermuten, dass er wegen seiner persönlichen Situation keinen großen Wert auf ein Wiedersehen gelegt hat. Aber letztlich lebt jeder sein eigenes Leben. Die, die im klassischen Sinn Erfolg gehabt haben und glauben, dass sie das in erster Linie ihrem Eifer, ihrer Disziplin oder ihrer Intelligenz zu verdanken haben, irren sich. Wie das Leben verläuft, hängt stark von zufälligen Ereignissen oder Begegnungen und nicht zuletzt von einer ausreichend guten Gesundheit ab. Aber Intelligenz und Arbeitseifer schaden natürlich nicht. 😉

Kommentare

  1. Ich hatte vor einem Jahr mein "silbernes Abitur". Ich habe länger überlegt, ob ich hingehen soll oder nicht, denn nach dem 10jährigen hatte ich das "Mein Haus, mein Auto, mein Boot"-Trauma. Bin dann aber doch hingegangen und fand es toll. Denn alle hatten die Erkenntnis gewonnen, das - wie du es schreibst - vieles im Leben von Glück und Zufall abhängt und nicht nur von der persönlichen Leistungsfähigkeit. Im Sommer gab es noch einmal ein kleineres Treffen, an dem ich wegen der großen Entfernung nicht teilnehmen konnte. Ob aus dem Vorsatz etwas wird, sich künftig alle 5 Jahre zu treffen, muss sich dann zeigen.

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    1. Ich hoffe, dass es noch weitere Treffen mit deinen ehemaligen Mitschülern geben wird und wünsche dir, dass sie ebenso positiv verlaufen wie das "Silberne". Man muss erstmal gelebt haben, um das Leben beurteilen zu können. ;-)

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