Das Bäckersterben

Kürzlich las ich in einem Nachrichtenmagazin einen
Artikel über den starken Rückgang der Zahl der Handwerksbäcker. Aus verschiedenen Gründen können sie immer schwerer gegen die Konkurrenz - die Fließbandbäcker - bestehen.

Seitdem wir in unserem Ort wohnen, kaufen wir Brot, Brötchen und ab und zu auch Kuchen bei einem Handwerksbäcker in unserer Nähe. Die Ware ist teurer als die im Supermarkt, aber qualitativ deutlich besser. Das ist es uns wert. Vor ein paar Wochen erzählte mir ein Geschäftsinhaber in dessen Nähe, dass der Bäckermeister sein Geschäft zum Jahresende schließen wird. Komplett, nicht nur diesen Laden, sondern auch einen weiteren im Nachbarort.

Die Nachricht machte ziemlich schnell die Runde. Alle, die regelmäßig bei diesem Bäcker gekauft hatten, waren erschrocken, weil sie damit nicht gerechnet hatten. Der Meister ist erst Mitte 50. Dass sein Geschäft in den letzten Jahren so gut gelaufen ist, dass er sich ein Schild mit der Aufschrift "Wegen Reichtums geschlossen" ins Schaufenster hängen könnte, mochte niemand glauben. Sollte er wegen schlechter Umsätze schließen? Das konnte sich ebenso gut keiner vorstellen.

Die Aussicht, spätestens im nächsten Jahr mit schlechteren Backwaren leben zu müssen, macht keine Freude. In der Nähe dieses Bäckers gibt es noch einen weiteren Laden eines anderen Backbetriebs. Es ist eine regionale Kette mit fast 20 Filialen. Dort wird mehr automatisiert hergestellt als bei kleineren Bäckereien. Das schmeckt man. Mangels Alternativen werden wir wahrscheinlich in Zukunft dort unsere Backwaren kaufen, ein anderer Handwerksbäcker ist nicht mehr in der Nähe.

Die Verkäuferinnen in "unserer" Filiale haben kürzlich erzählt, welchen Hintergrund die Firmenschließung hat. Es ist weder Reichtum noch Insolvenz: Der Bäckermeister hat keinen Nachfolger, müsste aber in die Modernisierung seiner Läden investieren. Da er aber nur noch um die zehn Berufsjahre vor sich hat, lohnt sich eine so hohe Ausgabe, wie sie nötig wäre, nicht mehr. Die Schließung ist für ihn die logische Konsequenz.

Die Verkäuferinnen haben zum Teil nur noch wenige Jahre bis zur Rente, einige haben allerdings noch eine längere Zeit bis dahin vor sich. Heute hat mein Mann beim Betreten des Ladens zufällig mitbekommen, dass einige der Frauen bereits bei ihrer Suche nach einem neuen Arbeitsplatz erfolgreich waren und andere sich wohl ebenfalls berechtigte Hoffnungen machen können, woanders eine Stelle zu finden. Ich gönne das selbstverständlich jeder Einzelnen von ihnen, aber vermutlich wird der letzte Verkaufstag so noch viel früher sein als erst im Dezember. Sehr schade.

Kommentare

  1. Die Bäcker leiden nicht nur unter der Billigkonkurenz, sondern auch unter dem Problem, dass sie kein Fachpersonal mehr bekommen. Es gibt immer weniger Gesellen in dieser Branche. Mein jüngster Sohn hatte Bäcker gelernt, obwohl dieser Lehrberuf von seinen Klassenkameraden belächelt wurde. Es ist ein Knochenjob, bei dem man sich die Gesundheit ruiniert (Mehlstaub in der Lunge, Rücken, Arbeitszeiten) und extrem schlecht verdient. Er hatte nach seiner Ausbildung ein Jahr in Frankreich gearbeitet und erzählt, dass dort die Arbeitsbedingungen wesentlich besser sind.
    Inzwischen hat er seinen Abschluss nachgeholt und studiert nun. Er sagt, dass Bäcker ein schöner Beruf sei. Aber man kann von dem Gehalt nicht leben.
    Und es werden nicht nur die Bäcker sterben. Die Metzger klagen auch. Und dann die Klempner usw.
    Einfach nicht schön.
    LG
    Sabienes

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    1. Liebe Sabine, das habe ich über die Klempner und Metzger auch gehört. In welcher Hinsicht sind die Arbeitsbedingungen für Bäcker in Frankreich besser?
      LG
      Ina

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