Kabarett & Kohle

In dieser Woche war ich bei zwei Veranstaltungen. Auf beide habe ich mich gefreut, beide hatten so viel Vorfreude leider nicht verdient.

Vor ein paar Tagen trat in einem Kino in Hannover
Foto: hannover-living.de
ein Kabarettist auf. Das Kino gehört zu den ältesten norddeutschen Kinos, die noch in Betrieb sind und war eines der ersten deutschen Programmkinos. 1908 liefen dort erstmals Stummfilme, heute werden dort nicht nur Filme gezeigt, sondern es treten auch viele Künstler in einem relativ gemütlichen Rahmen vor 170 Zuschauern auf. Ich war von einer Freundin auf einen Kabarettisten hingewiesen worden, der dort gastieren sollte. Sie hatte einen Auftritt von ihm gesehen, mit dem er sein erstes Programm vorstellte, und war damals begeistert gewesen. Ziemlich politisch sollte er sein, sagte sie. 'Tja', dachte ich noch, 'warum nicht?' Aber es wurde anders. Gleich zu Beginn kündigte er an, er wolle keine Witze mehr über Minderheiten machen und auf keinen Fall polarisieren. Es gehe ihm um Harmonie. Das war als Witz gemeint und sollte wohl die Aufmerksamkeit erhöhen; wenn dann nur etwas gekommen wäre, das die Aufmerksamkeit am Leben erhalten hätte. Der Programmtitel deutete an, worum sich fast der ganze Abend drehen sollte: um die Suche nach dem verlorenen Witz. Ein paar Leute im Publikum haben über fast alles gelacht, meine Freundin und ich nicht. Es fühlte sich alles irgendwie lauwarm an; so, als ob zuerst das Motto in der Welt war und es dann mit Lustigem gefüllt werden musste. Toll waren allerdings die Jonglage-Nummern mit Keulen und Bällen. Echte Hingucker, die er mit seinem Vortrag kombiniert hat. Für mich das Highlight des Abends. Dass wir auf dem Weg nach Hause kein Wort über die Vorstellung verloren haben, spricht für sich.


© Michael Grabscheit/pixelio.de
Gestern Abend hätte es dann interessant werden
können. Hätte. Mein Mann und ich waren bei einem Vortrag. Unsere Tageszeitung bietet immer mal wieder Vortragsreihen zu verschiedenen Themen an. Diesmal ging es um etwas, wovon wir im Zweifel zu wenig haben: ums Geld. Das Publikum: sehr gemischt, die Mehrzahl hatte aber (gefärbte) graue Köpfe. Wohlhabend wirkte keiner; die, die Geld haben, vertrauen da wohl eher dem ihnen persönlich bekannten Finanzexperten. 
Der Referent war ein Fachmann für nachhaltige Geldanlagen. Also: Wie kann man Geld anlegen und dabei darauf achten, dass das betreffende Unternehmen nicht für Kinderarbeit verantwortlich ist oder seinen Energiebedarf aus erneuerbaren Ressourcen deckt? So etwas. Die Kriterien dafür, was nachhaltig sein kann, sind vielfältig und hängen davon ab, was der Einzelne für wichtig hält. Denkbar sind also beispielsweise auch Überlegungen, dass man mit seinem Investment die Hersteller von Waffen außen vor lässt oder sich für christliche Firmen interessiert, die einen bestimmten Wertekanon vertreten. 
Während der ersten Viertelstunde war der Redner voll damit beschäftigt, sich und das Institut, für das er seit 25 Jahren tätig ist, vorzustellen. Kann man machen, interessierte aber schon nach den ersten fünf Minuten niemanden mehr. Dann wurden Folien gezeigt, die mit den Unterlagen, die auf den Stühlen lagen, identisch waren. Der Großteil davon Screenshots von Internetseiten. Wer sich vor diesem Termin nur einen Hauch mit nachhaltigen Anlagemöglichkeiten beschäftigt hatte, konnte nun getrost die Augen schließen, er erfuhr nichts Neues. Alles blieb im Ungefähren. Nach einer halben Stunde gab es den ersten Schwund: Ein Mann stand auf und verließ den Raum. Bei ungefähr 100 Anwesenden erzeugt so etwas schon eine gewisse Aufmerksamkeit. Wie sich dann zeigen sollte, auch einen kleineren Herdentrieb: Kurz danach verschwanden nach und nach ungefähr ein Dutzend Zuhörer. Als der Vortrag zu Ende war und das Publikum die Gelegenheit bekam, Fragen zu stellen, hat das noch etwa 50 Leute interessiert. Als sich der Referent in einer der Kernfragen, die immer wieder in Zusammenhang mit nachhaltigen Anlagen auftauchen ("Sind sie genauso rentabel wie konventionelle Anlagen?"), selbst widersprach, fehlte uns jedes Verständnis. Mit dem sonnigen Abend hätte man etwas Besseres anfangen können. Bei Bier und Brezel in einem Bistro, in das wir öfter gehen, besserte sich unsere Stimmung. Manches kann man sich eben doch schönsaufen. 😉

Kommentare