Strache - nur kurz erwähnt

Irgendwie passt das, was ich euch jetzt erzähle, gut
zu meinem Text von gestern. Die Attacke auf das jüdische Ehepaar in meinem Wohnort hat - erfreulicherweise - für Empörung und Bestürzung gesorgt. Nicht nur unter den Einwohnern, sondern auch im Stadtrat, der eine Resolution veröffentlicht und sich hinter das Paar gestellt hat. Gut so, aber das wird die unbekannte Person nicht davon abhalten, wieder zuzuschlagen, wenn sie es für richtig hält.

Aus der politischen rechten Ecke ist nichts Gutes zu erwarten; keine Überraschung, wenn man sich die deutsche Geschichte ansieht. Die deutsche AfD "glänzt" mit Verfahren wegen Steuerhinterziehung, die österreichische FPÖ hat sich durch das Gebaren der Herren Strache und Gudenus selbst aus der Regierung katapultiert. 
Ich räume gerade auf. Eben hatte ich mir einen Stapel alter Zeitschriften geschnappt, die meisten um die zehn Jahre alt. GEO, National Geographic und von Tageszeitungen herausgegebene Sonderausgaben. So eine Sonderausgabe hat sich, als ich gerade beschlossen hatte, sie im Altpapiersack auf ihre letzte Reise zu schicken, selbstständig auf Seite 74 geöffnet. Es handelt sich dabei um das 'Magazin zum Jahreswechsel 2010/2011' der Süddeutschen Zeitung. Das Gesicht, das ich sah, ist gerade jetzt in den Nachrichten auf allen Kanälen. Es ist das von Heinz-Christian Strache, der im Augenblick der Aufnahme die linke Hand hebt, als wollte er jemanden grüßen, und dabei etwas zu rufen scheint. Es ist der Zeitpunkt seines politischen Aufstiegs, die FPÖ hat bei den Landtagswahlen in Wien 26 % der Stimmen eingesammelt. In Österreich mehren sich zu diesem Zeitpunkt die Stimmen, die in Strache den künftigen Bundeskanzler sehen. 

Der Artikel wirft auch einen Blick auf die Entwicklung, die Strache in seinem Leben genommen hat. "Ich habe nie etwas Rechtswidriges getan oder etwas, wofür ich mich schämen müsste", sagt er der Journalistin Cathrin Kahlweit über sich selbst. Seinen Weg in der Politik nennt er damals den eines "Gerechtigkeitsfanatikers".
Im letzten Drittel des Textes schlägt die Reporterin einen Bogen zu Jörg Haider. Haider war bis zu seinem Unfalltod 2008 ein bekannter und nicht nur in Österreich umstrittener FPÖ-Politiker, mehrere Jahre Parteivorsitzender und auch Landeshauptmann (entspricht dem deutschen Ministerpräsidenten) von Kärnten. Er diente den Rechtspopulisten als Identifikationsfigur und war seinerzeit ständig in der Presse. Die Autorin des in meiner alten Zeitschrift erschienenen Artikels merkt an, dass Haiders Stern sank, "als seine Partei an der Macht beteiligt wurde. Auch Straches FPÖ könnte daran eines Tages scheitern". Man kann Frau Kahlweit heute nur zu dieser Weitsicht gratulieren. Die Situation, dass es in Deutschland zuerst zu einer Regierungsbeteiligung der AfD kommen muss, bevor auch diese Partei den Karren vor die Wand und sich ins Abseits fährt, wünsche ich mir allerdings nicht. Mir würde das mit dem Karren und der Wand völlig reichen.

Nachtrag: Ich hatte ursprünglich vor, den letzten Teil meines München-Berichts gestern zu veröffentlichen. Dann kam die schockierende Attacke auf jüdische Mitbürger unseres Ortes dazwischen (siehe oben). Das hatte auf jeden Fall Vorrang. Wenn sich nichts anderes vordrängelt, lest ihr hier morgen etwas über München.👍🏽

Kommentare

  1. Die Frage, die ich immer wieder stelle, und noch nie beantwortet bekommen habe: Wie beantwortet Ihr die Fragen und Unzufriedenheiten derer, die AFD und Co wählen ? Selbst, wenn die neuen Parteien (durch Skandale o.ä. wieder verschwinden, die Unzufriedenheit verschwindet nicht. Und nun ?

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    1. Zunächst muss da eine Bereitschaft zu einem Gespräch sein. Gibt es die, dann sollte man alle Emotionen runterschlucken und mit Fakten argumentieren. Beispielsweise hält sich die Geschichte, dass Angela Merkel 2015 die Grenzen für die Flüchtlinge geöffnet hat, hartnäckig. Das wurde von der AfD selbst in die Welt gesetzt, ist aber falsch: Die Grenzen waren von vornherein offen (Schengen), sie wurden jedoch nicht mit Gewalt geschlossen.
      Die AfD bietet auch Lösungen an, die ganz simpel erscheinen. Hier hilft, diese Szenarien nüchtern durchzuspielen. Da zeigt sich sehr oft, dass es nur Schall und Rauch ist. Auch die Aufforderung, sich selbst in bestimmte Situationen zu versetzen ("Würdest du deine Heimat verlassen, wenn du wegen deiner Lebensweise/deines Glaubens etc. um dein Leben oder das deiner Familie fürchten müsstest?"), kann erhellend sein. Aber nichts funktioniert wie gesagt ohne Gesprächsbereitschaft, und ich glaube, dass es daran mangelt.

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