Was ist am 21. März?

Reflexartig werden die meisten von Euch sicher
Schauspielerin & Aktivistin Neele Buchholz
"Frühlingsanfang!" sagen, was ja auch stimmt. Aber der 21. März beherbergt jedes Jahr eine ganze Reihe von Welttagen: den des Waldes, den gegen Rassismus, den der Poesie, den der Hauswirtschaft und den, der die Menschen mit Down-Syndrom in den Mittelpunkt stellt. Hier soll es nun genau um ihn gehen.


Als ich zum ersten Mal vom Welt-Down-Syndrom-Tag hörte, hatte ich sofort ein Bild aus meiner Kindheit vor Augen. Ich war mit meinen Eltern in den Ferien im Bayerischen Wald, wir wohnten in einem Haus mit mehreren Ferienwohnungen. In einer davon war eine Familie mit drei Kindern, eines davon mit Down-Syndrom. Damals, irgendwann in den 1970-er Jahren, gab es den Begriff der Inklusion noch lange nicht. Mit Behinderung konnte man froh sein, irgendwie integriert zu werden. Das klappte mal gut und mal weniger gut und hing maßgeblich vom guten Willen der Mitmenschen ab. Menschen mit Down-Syndrom hatten in dieser Zeit ganz pauschal den Stempel "total unterbelichtet", und viele Eltern solcher Kinder gingen mit ihnen auch so um: Alle sprachen zu dieser Zeit von den "Mongoloiden", schon von weitem waren viele von ihnen an ihrem furchtbaren und lieblosen Topf-Haarschnitt und den Brillenmodellen, zu denen die Krankenkasse ihnen als Schmerzensgeld noch extra etwas hätte zuzahlen müssen, zu erkennen. Und die Kleidung? Ach, vergesst es. Down-Syndrom-Kinder explizit zu fördern, ihre Talente zu erkennen und sie nicht zu behandeln wie einen aus dem Nest gefallenen Vogel, den man jetzt durchbringen muss, war eher nicht üblich. 

Und dann war da diese Familie, die wie wir ihren Urlaub in dem Haus mit den Ferienwohnungen verbrachte. Einer der Söhne hatte das Down-Syndrom und ich kann mich noch gut daran erinnern, mit welcher Selbstverständlichkeit und Gelassenheit seine Eltern mit ihm umgingen. Er nahm an allem teil, was die Eltern mit allen ihren Kindern unternahmen, und sie sprachen mit ihm in einem ganz normalen Tonfall und nicht so, als hätten sie einen Idioten vor sich. Was mir als Kind allerdings als erstes aufgefallen war, war seine Kleidung und eine Frisur, wie sie alle anderen Jungs auch hatten. Vielleicht haltet ihr das für banal, aber ich hatte bis dahin immer nur erlebt, dass man Menschen mit Down-Syndrom schon auf hundert Meter Entfernung an ihrem Äußeren erkennen konnte.

Ich bin froh, dass sich da seit meiner Kindheit sehr viel verbessert hat, und ich hoffe, dass der Welt-Down-Syndrom-Tag dazu beiträgt, alle behinderten Menschen als das anzusehen, was sie sind: als einen Teil unserer Gesellschaft, der nicht weniger wertvoll ist als alle anderen. Neele Buchholz, die junge Frau auf dem Foto, hat ihren Weg gefunden. Mit Down-Syndrom.

Wer ein bisschen mehr über diesen Tag erfahren möchte, kann das auf der Website tun, die eigens für diesen Welttag eingerichtet wurde. 


Copyright Foto: Daniela Buchholz/gesellschaftsbilder.de

Kommentare

  1. mich nervt es in den Medien das behinderte Menschen immer automatisch mit down Syndrom in Verbindung gebracht werden. Es gibt doch noch soviele andere Behinderungen. Und dann diese Aussage "Kinder mit down Syndrom" die gefühlt schon erwachsen sind, werden den Menschen mit down Syndrom nicht auch erwachsen? Doch. Aber man könnte denken es wäre nicht so.

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    1. Empfindest du das so? Ich glaube, dein Eindruck kommt daher, dass so oft über Kinder mit Down-Syndrom berichtet wurde, die aufs Gymnasium gehen wollten, weil ihre Freunde aus der Grundschule auch dort sind. Ich habe in meinem Leben oft gemerkt, dass Menschen eine körperliche Behinderung mit einer geistigen gleichsetzen. Als ich noch jünger war, wurde sehr viel über Behinderte geschrieben, die zu kurze Arme haben, weil ihre Mütter in der Schwangerschaft das Medikament Contergan genommen haben. Da ging es lange darum, dass ihnen Entschädigungen gezahlt werden sollten. Diese Behinderten sind ein paar Jahre älter als ich, manche leben schon nicht mehr. Obwohl sie jetzt in ihrem Leben am meisten unter ihrer Behinderung leiden, spricht niemand mehr von ihnen. Da sind in den Medien andere Behinderte nach vorne gerückt.

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