Silversurfer - gehört Ihr dazu?


Interessanter Typ, aber kein durchschnittlicher Silversurfer ;-)
Ich bin heute auf eine Passage in einem Artikel gestoßen, die bewirkt hat, dass sich meine Stirn in Falten legte. Automatisch, ich konnte nichts dagegen tun. Manchmal macht sie das, wenn das, was ich sehe, einfach zu bekloppt ist. Diesmal war es ein Text in einem schweizerischen Lifestyle-Blog - oder was die Betreiberin eben so für Lifestyle hält. Ein sehr dehnbarer Begriff. Der Text trug den Titel "Die Silversurfer im Aufwind". Der Begriff scheint sich etabliert zu haben. Ist das nicht praktisch, wenn man eine Altersgruppe, die alle ab 50 umfasst, quasi in einen sprachlichen Sack stecken und vereinheitlichen kann? 

Ich bin jetzt ein bisschen über 50 Jahre alt und habe absolut keine Lust, in so einer dusseligen Schublade zu landen. Als ich noch ein Kind war, waren die damals Fünfzigjährigen in meiner Erinnerung tatsächlich noch anders als wir heute; in ihrer grundsätzlichen Haltung zum Leben, zum Fortschritt, zu moralischen Fragen und nicht zuletzt in ihrer Kleiderwahl umgab sie etwas Konservatives und Neutrales. Die Familien bestanden aus Vater, Mutter und Kind(ern), die Lebensführung war geordnet und die Kleidung näherte sich mit jeder halben Dekade den Erdtönen an. Ach ja, auf dem Dorf trugen die Witwen Schwarz. Sehr blöd, wenn der Mann früh verstirbt.

Das, was da irgendwelche cleveren Leute in hippen Werbeagenturen unter dem Begriff "Silversurfer" zusammenbasteln, geht an mir vorbei. Ich bin im Alltag mobil, offen für Neues und habe keine Angst vor moderner Technik. An sie habe ich allerdings den Anspruch, dass sie nützlich sein soll. Nicht jede Neuerung kann dieses Kriterium erfüllen. 
Und die grauen Haare, ohne die man kein "Silversurfer" sein kann? Habe ich, und zwar mehr, als mir lieb ist. Das spielt aber für meine Zugehörigkeit zu einer Konsumentengruppe keine Rolle. Ich kenne Leute, die schon mit 16 komplett ergraut waren. Andere haben schon "Rücken", wenn sie 25 Jahre jünger sind als ich, und das Durchschnittsalter für Patienten mit Hüftprothesen sinkt: Mit Mitte oder Ende 20 damit versorgt zu werden, kommt immer öfter vor. 

Ich wünsche mir, dass Marktforscher und Produktentwickler, die uns nur darum einsortieren, um uns das Geld aus der Tasche zu ziehen, mit ihrer Kurzsichtigkeit auf die Nase fallen; wenn sie nämlich merken, dass sich meine Generation schon aufgrund ihrer schieren Masse nicht dazu eignet, als einfache und homogene Zielgruppe für Elektronik, Haushaltsausstattung, (Senioren-)Reisen oder Kleidung herzuhalten: In den Jahren 1961 bis 1966 wurden jedes Jahr mehr als 1,3 Millionen Kinder geboren, 2017 waren es nur rund 785.000. Vielleicht tut sich noch mal etwas in den Köpfen derer, die sich solche schwachsinnigen Begriffe ausdenken. Ich behalte das im Auge. 😉


Kommentare

  1. Das erste eigene Telefon war orange mit Wählscheibe und kurzem Kabel. Es gab zwar schon Funktelefone, die waren aber sehr teuer und richtig klobig. Dann begann eine Entwicklung, die ich mit verfolgen durfte. Bis zum heutigen realistischen Computerspiel und den Smartphones liegen nur wenige Jahrzehnte.
    Wie hätte ich mich in meiner Jugendzeit über ein Smartphone gefreut! Es gab damals noch keine und so hatte ich nur ein Transistorradio und einen Kassettenrecorder. Das war schon richtig hip und wir nahmen fleißig Songs aus dem Radio auf und hofften, dass der Moderator nicht in den Schluss reinquatscht. Oder wir kauften Schallplatten, die wir leider nur daheim abspielen konnten.
    Heute gibt es unzählige Möglichkeiten, die neuen Medien zu nutzen. Ich habe mitgemacht und freute mich über einen Internetzugang, den wir nur deshalb bekamen, weil mein Sohn in der Berufsschule damit arbeiten mussten. Heute ist ein Leben ohne www unvorstellbar. Für mich zur Not aber machbar. Die Kinder kennen solche Zeiten nicht und für sie wäre es ein weitaus schlimmerer Verlust.
    Wir werden nun als Silversurfer bezeichnet? Na ja, es ist nur ein Begriff. Ich selbst habe eine 6 vor dem Alter und kein einziges graues Haar. Denn lasse regelmäßig den Haaransatz nachfärben, weil es mir einfach besser gefällt.
    Die Leute sind wie sie sind und sie schreiben manchmal auch Schwachsinn. Das wird sich niemals ändern.
    Liebe Grüße aus der virtuellen Welt von der Pfälzerin

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    1. Ich hätte früher auch so manche Dinge toll gefunden, die heute selbstverständlich sind, aber so ist eben der Lauf der Zeit. Ich finde es aber nicht nachvollziehbar, dass die Werber die sog. Silversurfer ausrufen und damit sowohl die Fünzig- als auch die Neunzigjährigen meinen, sofern sie sich nur vor einem internetfähigen Gerät wiederfinden. Das sagt einem doch der gesunde Menschenverstand, dass das nicht funktionieren kann.
      Liebe Grüße von der realistischen Niedersächsin, die auch in der digitalen Welt unterwegs ist ;-)

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