Wie ein Blick zurück

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Heute habe ich mich mit einem ehemaligen Kollegen getroffen. Wir haben länger in einer niedersächsischen Landesbehörde zusammengearbeitet; ich bin seit einigen Jahren nicht mehr dort, er ist frisch pensioniert und hat heute seinen ersten Tag im Ruhestand. Da wir uns eine Weile nicht gesehen hatten, gab es eine Menge zu erzählen: von dem was sich in unseren Familien ereignet hat und auch über die - nun für uns beide - ehemaligen Kollegen.

Ihm war schon lange klar, zu welchem Datum er seinen letzten Arbeitstag haben würde, es war selbst gewählt. Auch noch länger berufstätig zu sein wäre für ihn problemlos möglich gewesen. Aber er sprach immer, wenn es um Dienstliches ging, von "Wir": "Wir haben an dieser oder jener Sache noch etwas zu tun" oder "Damit könnten wir ein Problem bekommen" oder ähnlich. In seinem Privatleben hat sich in der letzten Zeit eine Menge getan, und er wird nicht zu den Leuten gehören, die mit der neu gewonnenen freien Zeit nichts anfangen können. Aber das Bewusstsein, nach diesem Wochenende nicht mehr ins Büro zurückzukehren, hatte sich bei ihm noch nicht eingestellt.

Ich habe versucht, mich zu erinnern, was für ein Gefühl es war, als ich dort meinen letzten Arbeitstag hatte. Es klappt nicht wirklich gut. Die vergangenen Jahre waren ereignisreich genug, um diesen Moment verblassen zu lassen. Ich weiß aber noch sehr genau, dass ich mit dem nahenden Abschied aus verschiedenen Gründen gehadert habe, ehe ich ihn akzeptieren konnte. Heute habe ich dem Kollegen zugehört und bei so mancher Erzählung gedacht: 'Gut, dass Du nicht mehr dabei bist.' Mit dem nötigen Abstand sehen die Dinge oft ganz anders aus.

Aber es ist klar: Der letzte Arbeitstag ist ein tiefer
Einschnitt und bringt gravierende Veränderungen für das weitere Leben mit sich. Plötzlich viel Zeit zu haben, kann für manche auch zu einer Belastung werden. Ich wünsche meinem Kollegen, dass er auf die Zeit in dieser Behörde bald so entspannt zurückblicken kann, wie ich es tue. Und dann statt "wir" "sie" sagt.

Kommentare

  1. Heißt das, dass der Tisch nun frei ist? Ich kenne diese Menschen. Ich finde das die besten Leute, denn sie denken nicht immer nur an sich selbst. Ich würde das nicht ändern wollen mit der Ansprache. Danke für den tollen Blog Beitrag! http://www.schindlau.at/

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    1. Nein, sein Tisch wird nicht frei bleiben. Das "Wir" finde ich aber dann problematisch, wenn es in das Privatleben hineingetragen wird und der Mensch auch im Feierabend oder Urlaub nicht frei davon ist. Gedankt hat man es dem Kollegen leider nicht.

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