Der Kunde ist König

Ich hatte kürzlich erwähnt, dass ich nicht gern einkaufe. Einer von vielen Gründen ist, dass ich mich in meiner Kundenrolle oft als Störfaktor wahrgenommen fühle. Beim Discounter um die Ecke habe ich keine größeren Erwartungen: Der Regionalleiter schreitet mit einem Blick durch den Laden, als wolle er wie einst Moses, dass sich das Meer vor ihm teilt - der Blick geht knapp über die Köpfe der Kunden hinweg, die unbewegte Miene vermittelt "Sprich mich nicht an!" Keine Sorge, mache ich nicht. Aber das ist eben ein Discounter. Geschenkt.

Als Kunde dort ignoriert zu werden, wo auch schon mal vier- oder gar fünfstellige Beträge ausgegeben werden, finde ich gelinde gesagt unerfreulich. Ein in dieser Gegend bekanntes Möbelhaus, das nichts zu Schnäppchenpreisen verkauft, beschäftigt eine ganze Reihe Menschen, die mit wichtigen Mienen und einem Namensschildchen am Kragen durch die Gänge laufen. Schon seit einer ganzen Weile sind wir auf der Suche nach Möbeln, die bestimmte Kriterien erfüllen sollen. Ein bisschen Beratung wäre nicht das Schlechteste gewesen. Aber es spielte sich folgende Szene ab: Mein Mann und ich stiegen in der richtigen Etage aus dem Fahrstuhl und sahen uns ratlos um. Welche Richtung wir einschlagen mussten, war nicht zu erkennen. Also haben wir uns aufgeteilt; irgendwo musste ja das sein, das wir suchten. Personal war in diesem Moment nicht zu entdecken. Ich bog in einen Gang ein, der von drei Verkäufern flankiert war: zwei links, einer rechts. Sie waren so in ihre Gespräche vertieft, dass sie mich zunächst gar nicht wahrnahmen. Die Drei sahen mich erst an, als ich lächelnd sagte "Na, stehen Sie für mich Spalier?" Schweigen, irritierte Gesichter. Dann ein kurzes Lachen des einen Verkäufers und die Bemerkung "Das machen wir hier immer so!". Da lächelten auch seine Kollegen. Keiner von ihnen hat gefragt, ob ich Hilfe benötige. 
Beim zweiten Besuch desselben Geschäfts habe ich etwa eine Viertelstunde auf einem Stuhl sitzend in einem Esszimmerarrangement auf meinen Mann gewartet. In dieser Zeit gingen mindestens drei Verkäufer vorbei, warfen mir einen kurzen Blick zu und setzten ihren Weg fort.  

Wenn ich darüber nachdenke, fallen mir Beispiele dafür ein, wie ich als Kundin - oder deutlicher: als die Person, die dazu beiträgt, dass die Angestellten eines Geschäfts einen Job haben - eher unschön behandelt wurde. Vor vielen Jahren ist es mir in einem Modehaus sogar mal passiert, dass mich während meiner Suche nach einem passenden Kleidungsstück niemand beachtet hat. Als ich dann aber zur Kasse ging, kam eine Verkäuferin eilfertig auf mich zu: "Darf ich Ihnen das abnehmen und zur Kasse bringen?" Verkaufsprovisionen waren ein Teil ihres Gehalts.

Wie nehmt Ihr das wahr? Fühlt Ihr Euch gut beraten oder ergreifen Verkäufer die Flucht, wenn man etwas von ihnen möchte?

Kommentare

  1. Ich habe hier eher das Problem, überhaupt einen Verkäufer zu finden. Außer in meine Buchläden gehe ich mittlerweile äußerst ungern und nur, wenn es wirklich sein muss, in einen Laden.
    Die letzte blöde Antwort auf meine Frage nach einer Hose war ein abschätziger Blick und die Antwort: Nein, Ihre Größe haben wir hier nicht.
    So kann man die Kunden auch ins Internet vergraulen.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Das ist ja frech! Kleidung kaufe ich auch nur noch im Internet, weil mir einerseits die Lauferei von Laden zu Laden zu viel wird und ich auch schon mal erlebt habe, dass ich bei meiner Frage nach einem Stuhl für die Umkleidekabine glatt angelogen wurde: "Einen Stuhl gibt es hier nicht." Na, vielen Dank...

      Löschen
  2. Oh oh oh ... Als ich den Beginn Deines Posts las, hatte ich sofort das Bild vor Augen, dass Du im nächsten Atemzug beschrieben hast: die "spalierstehenden" Damen und Herren, die sich angeregt privat unterhalten und einen mit bösen Blicken bedenken, wenn man sie dabei stört.

    Mittlerweile ist es eine meiner Lieblingsbeschäftigungen geworden, mich in den Kreis der Verkaufsberater und -beraterinnen zu drängen und um Entschuldigung zu bitten, dass ich ihre Privatgespräche unterbrechen muss. Die Reaktionen sind manchmal so, dass ich sie ruppig frage, ob sie eigentlich wissen, wer dafür sorgt, dass das Geld für ihr Gehalt in die Kasse ihres Arbeitgebers fließt.

    Dann gibt es noch die Verkäufer vom Typ "oberwichtiger Einzelgänger". Ausgerechnet in der Haushaltsabteilung eines Kaufhauses in dem Einkaufszentrum, in dem ich mich jeden Freitag zum Wocheneinkauf tummle, gibt es so einen Herrn. Und ich gehöre leider zu den Frauen, die im Bereich Haushalt und Haushaltsartikel so gar nicht heimisch sind. Jedes Mal, wenn ich eine Frage habe, gerate ich an ihn, und er gibt mir jedes Mal zu verstehen, dass er es als unter seiner Würde empfindet, einer Kundin weiterzuhelfen.

    Zum Glück gibt es aber auch die, denen der Beruf sichtlich Freude bereitet. Solche Damen finde ich in einem Supermarkt, der damit wirbt, Lebensmittel zu lieben. Meine Lieblingsverkäuferin ist eine Dame meines Alters, die über sämtliche Wangen strahlt und mich immer sehr freundlich grüßt, wenn sie mich mit dem Einkaufswagen antanzen sieht. Sie gibt mir Nicht-Köchin gerne Tipps, die oft genug über das hinausgehen, was ich sie frage. Da macht das Einkaufen dann tatsächlich Spaß.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Das ist doch toll! Dann geht man auch deutlich lieber einkaufen. Aber ich habe den Eindruck, dass das eher die Ausnahme ist.

      Löschen

Kommentar veröffentlichen

Und hier ist Platz für deinen Kommentar: